Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat bei einer Befragung im Innenausschuss des Bundestags jegliches Fehlverhalten in der Affäre um die Versetzung von Behördenchef Arne Schönbohm zurückgewiesen. Als "unverschämt" kritisierte Faeser nach der dreistündigen Befragung den Vorwurf der Opposition, sie habe den Verfassungsschutz instrumentalisiert, um Erkundungen über Schönbohm anstellen lassen. Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang stützte die Darstellung der Ministerin, dass es keinen Versuch der Instrumentalisierung seiner Behörde gegeben habe.

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"Ich halte es für unverantwortlich, dass dieser infame Vorwurf einer angeblichen Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes wider besseren Wissens weiterhin wiederholt wird", sagte Faeser nach der Ausschusssitzung. Zu keiner Zeit sei versucht worden, mit nachrichtendienstlichen Mitteln Erkenntnisse über Schönbohm, den damaligen Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, einzuholen.

"Eine solche Anfrage wäre rechtswidrig gewesen, und sie wäre nicht befolgt worden", sagte dazu Verfassungsschutzchef Haldenwang nach seiner Anhörung im Ausschuss. Er habe "auch nicht den Eindruck, dass das in irgendeiner Weise zur Debatte stand".

Es habe - wie von Faeser dargelegt - nur eine einzige Anfrage des Bundesinnenministeriums gegeben, ob zu Schönbohm Erkenntnisse vorlägen, sagte Haldenwang. Dies sei verneint worden. Danach habe es in der Sache keine weiteren offiziellen oder inoffiziellen Anfragen des Innenministeriums gegeben - "weder ausdrücklich noch augenzwinkernd noch auf untersten Ebenen".

Faeser begründete die Anfrage mit den damaligen Medienberichten über Kontakte aus Schönbohms Umfeld nach Russland. "Alles andere wäre angesichts der Vorwurfslage fahrlässig gewesen", sagte sie.

Schönbohms Versetzung in eine andere Behörde rechtfertigte Faeser mit einem Vertrauensverlust, der bereits lange vor Bekanntwerden der Russland-Vorwürfe eingesetzt habe.

"Bereits deutlich vor meinem Amtsantritt und unter verschiedenen Innenministern der Union gab es immer wieder Beanstandungen der Fachaufsicht hinsichtlich der Amtsausübung durch Herrn Schönbohm", sagte sie. "Zudem gab es gravierende fachliche Differenzen hinsichtlich von Fragen der Bewertung von Gefahren durch Cyberangriffe im Zuge der russischen Invasion in der Ukraine."

In der aktuellen angespannten Sicherheitslage dürfe es "nicht den geringsten Zweifel an der Führung einer unserer wichtigsten Sicherheitsbehörden geben", sagte Faeser. "Hier ist hundertprozentiges Vertrauen erforderlich. Dieses Vertrauen war im Oktober 2022 nicht mehr gegeben."

Ihr Ministerium habe Schönbohm "mehrere Vorschläge für eine einvernehmliche Lösung gemacht, die er nicht angenommen hat", sagte Faeser. "Daher war die Entscheidung für die Versetzung unumgänglich." Sie würde jederzeit wieder so handeln, fügte sie auf Nachfrage hinzu.

Faeser war am Mittwoch zur Befragung in den Innenausschuss gekommen, nachdem sie zwei vorangegangenen Sitzungen fern geblieben war. Dafür habe sie sich nun entschuldigt, sagte die Ministerin.

Sie begründete ihr Fernbleiben auch damit, dass sie sich "sehr geärgert" habe über den Vorwurf, "dass der Verfassungsschutz instrumentalisiert wurde". Abermals warf Faeser ihren Kritikern vor, sie auch wegen ihrer Rolle als Spitzenkandidatin der Hessen-SPD bei der Landtagswahl anzugreifen. "Ich bin mir sicher dass diese Debatte nicht so geführt würde, wenn nicht am 8. Oktober in Hessen Landtagswahl wäre."  © AFP

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