Kinder, die sich für etwas Größeres als ihre Schule engagieren, sind im deutschen Bildungssystem nicht vorgesehen. Wie also umgehen mit dem Drang danach, freitags für die Rettung des Klimas zu kämpfen? Wir geben Antworten auf permanent gestellte Fragen.
Die unter dem Motto "Fridays for Future" stehenden Schülerstreiks erreichen an diesem Freitag einen weiteren Höhepunkt: Weltweit sind Schüler zum Klimastreik aufgerufen.
Allein in Deutschland sind laut der Organisation Fridays for Future in mehr als 500 Städten Demos geplant. Viele deutsche Schulen erlauben Schülern ausnahmsweise die Teilnahme und bieten Exkursionen zu den Kundgebungen an.
Doch spätestens, wenn ab der kommenden Woche weiter gestreikt wird, stellt sich Schulen und Eltern neu die Frage, wie mit dem Protest der Kinder umzugehen ist.
Dürfen die Schüler überhaupt einfach so streiken?
Nein. Da gibt es auch kein Wenn und Aber, denn in Deutschland gilt die Schulpflicht. Ein diese Pflicht außer Kraft setzendes Streikrecht existiert nicht.
Streng genommen sind die protestierenden Mädchen und Jungen Schulschwänzer, auch wenn sie in der Regel nicht den ganzen Freitag, sondern nur einzelne Stunden streiken.
Wer muss die Schulpflicht durchsetzen?
Die Erziehungsberechtigten, also in den meisten Fällen die Eltern. Dies ist gesetzlich geregelt. Es fängt mit der Anmeldung bei der Schule an und beinhaltet auch die Sorge dafür, dass die Kinder regelmäßig zum Unterricht kommen.
Auch wenn sich viele Eltern mit den Kindern solidarisieren - mittlerweile gibt es dazu die Initiative Parents for Future - können sie nicht einfach nach eigenem Willen die Schulpflicht auflösen.
Was passiert bei einer Verletzung der Schulpflicht?
Ein einmaliges unentschuldigtes Fehlen wird mindestens notiert. Unentschuldigte Fehlstunden können im Zeugnis auftauchen, was etwa bei einer Bewerbung schlecht aussieht. Es kann aber auch zu direkten Strafen führen, wie etwa einem sogenannten Verweis. Mehrere Verweise können zum Rauswurf eines Kinds aus der Schule führen.
Droht den Eltern auch Strafe?
Wenn die Eltern nicht dafür sorgen, dass ihre Kinder zur Schule gehen, kann das als Ordnungswidrigkeit bestraft werden. Bei einem dauernden Entzug des Kinds können die Strafen scharf ausfallen - etwa in Form empfindlicher Geldstrafen.
Welche Strafen gibt es bisher gegen Protestteilnehmer?
Dies ist oft von Schule zu Schule, von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Es wird von Fällen berichtet, in denen Lehrer offenkundig wegschauten, als Schüler vorzeitig zur Demonstration verschwanden und so für deren Straffreiheit sorgten.
In anderen Fällen wurden aber auch schon Verweise erteilt oder die Fehlstunden als unentschuldigt eingetragen.
Die Stadt Mannheim verhängte nach einer Demonstration im Mai zunächst Bußgelder wegen Schulschwänzens, hob die Strafen aber nach heftiger öffentlicher Kritik wieder auf.
Gibt es Kompromisswege?
Einige Schulen versuchen, mit den sehr von der Klimadebatte bewegten Mädchen und Jungen konstruktivere Lösungen zu finden. Fehlstunden können so durch Sozialarbeit an der Schule ausgeglichen werden. Die Schüler bringen sich dann etwa in Arbeitsgemeinschaften für Umweltschutz und Klima ein. Meist wird allerdings nur ein einmaliges Fernbleiben toleriert.
Warum gibt es keine klaren politischen Anweisungen?
Die zuständigen Länderminister erscheinen oft unschlüssig, wie sie mit dem unerlaubten Fernbleiben umgehen sollen. Neben Kritik am Schulschwänzen gibt es auch viele Sympathiebekundungen für die Schüler, bis hin zum Bundespräsidenten und zur Bundeskanzlerin. Oft übertragen Minister die Verantwortung an die Schulleitungen.
Was folgt auf den weltweiten Klimaprotest in Deutschland?
Das Vorbild der Demonstranten, die Schwedin Greta Thunberg, streikt seit einem Jahr. Auch in Deutschland gibt es bisher keine Ermüdungserscheinungen der Schüler.
Am Freitag tagt in Berlin parallel auch das sogenannte Klimakabinett der schwarz-roten Bundesregierung, um über Klimaschutzmaßnahmen zu beraten. Fridays for Future kritisiert die bisherigen Planungen der Regierung jedoch als unzureichend. (hau/AFP)
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