Der Begriff "Talahon" trendet auf TikTok. Gemeint sind junge, aggressiv auftretende Männer mit migrantischem Hintergrund, die in Innenstädten mit ihrem Machogehabe auffallen - und das auf den sozialen Medien teilen. Doch hinter dem Phänomen verbirgt sich ein tiefgreifendes Gesellschaftsproblem.
Am wohlsten fühlt er sich in Bahnhöfen, Einkaufszentren und anderen öffentlichen Plätzen der Innenstadt. Sein Erkennungszeichen: Gucci-Cap, Bauchtasche, Ray-Ban-Sonnenbrille und Armani-Logo auf dem Shirt. Hauptsache Marke - wenn auch vermutlich gefälscht. Er boxt, macht Liegestütze und rappt aggressive Texte. Meist mit anderen Jungs, die ähnlich gekleidet sind und nach dem gleichen süßlichen Parfüm riechen.
Er nennt sich "Talahon“. Das ist innerhalb kürzester Zeit zu einem Trendbegriff für aggressiv auftretende junge Männer, meist mit Migrationshintergrund, geworden, die ihren vermeintlichen Lifestyle in den sozialen Medien zur Schau stellen.
"Talahon“ ist eine Wortschöpfung, die vom arabischen "taeal huna" abstammen soll, was übersetzt "Komm her“ bedeutet. Eine Aufforderung, die im Arabischen allerdings eher freundlich als aggressiv verstanden wird. Man bittet die Leute, näher zu kommen.
Gewalt, Gesetzesbruch und übersteigertes Machogehabe
Die jungen Männer, die sich als "Talahons“ bezeichnen und TikTok mit Serien von Videos überschwemmen, sind jedoch alles andere als freundlich. Sie unterlegen ihre Videos mit der Zeile "Talahon, ich geb’ dir ein’n Stich, ich bin der Patron". Sie stammt aus dem Lied "TA3AL LAHON" des Rappers Hassan, der darin vom harten Leben auf der Straße erzählt, das geprägt ist von Gewalt und Kriminalität.
Er trifft damit genau die Eigenschaften, die sich die sogenannten Talahone zuschreiben: kriminell, besessen von materiellen Statussymbolen und gezeichnet von übersteigerten Männlichkeitsvorstellungen.
In den sozialen Medien scheinen diese Eigenschaften gut anzukommen. Der Trend ist längst viral gegangen. Talahon-Videos werden millionenfach angeklickt und geteilt, und immer mehr junge Männer springen auf den Zug auf. Wobei die Herangehensweisen sehr unterschiedlich sind. Es gibt Videoclips, in denen sich Jugendliche selbstbewusst als Talahon präsentieren und sich damit die Eigenschaften eines Talahon zuschreiben. Die meisten TikTok-Nutzer, die sich dem Trend anschließen, spielen jedoch ironisch mit den Vorurteilen und bieten humorvolle Erklärvideos an, wie sich ein echter Talahon zu verhalten hat.
So erklärt der Nutzer "karimjamael" - parodistisch aufbereitet - seinen 3 Millionen Followern, dass ein Talahon neben dem Schattenboxen einmal am Tag auf "Beutejagd“ gehen müsse. Dabei dürfe sich ein echter Talahon mit einem Korb niemals zufrieden geben. Das Video zeigt einen jungen Mann, der eine Frau drängt, mit ihm auszugehen.
Gefahr von gesellschaftlicher Akzeptanz
Der virale Trend ist nicht ungefährlich, denn er trägt dazu bei, Aggressivität und Frauenfeindlichkeit in der Gesellschaft salonfähig zu machen. Auch wenn in vielen Beiträgen Sarkasmus mitschwingt, so können sie Experten zufolge doch zu einer gewissen Akzeptanz beitragen und Jugendliche dazu motivieren, solche Verhaltensweisen zu übernehmen.
Hinzu kommt noch eine weitere Gefahr: Nicht nur Jugendliche springen schnelle auf neue Trends auf, sondern auch die rechte Szene. Nur dass die solche Entwicklungen gern für sich umdeutet und für sich nutzbar macht. So ist es auch beim Talahon-Trend geschehen. Rechte User haben die Talahon-Figur zum Feindbild erklärt und nutzen dessen Stereotype, um Stimmung gegen Jugendliche mit Migrationshintergrund zu machen. Sie verpacken ihre Botschaften dabei sehr geschickt in vermeintlich lustige Videos.
Der Trend birgt damit die große Gefahr, nicht nur Gewalt, Kriminalität und Machogehabe zu verherrlichen, sondern auch Rassismus zu schüren.
Verwendete Quellen
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