Wirtschaftsminister Robert Habeck sieht in der Türkei noch deutlichen Reformbedarf, wenn sie mehr Investitionen deutscher Firmen anziehen will. "Für Unternehmen, die ganz neu auf den Markt gehen, stellt sich die Frage: In welches juristische Umfeld investieren wir eigentlich rein", sagte der Grünen-Politiker am Freitag zum Abschluss seiner Türkei-Reise in Ankara. Das beziehe sich zum einen auf die Menschenrechtslage, allerdings nicht nur. "Natürlich ist ein Justizsystem, das im gewissen Sinne willkürlich agiert, auch kein Justizsystem, in dem man sich eingeladen fühlt, zu investieren", betonte er. "Sondern im Grunde ist es eine Einladung dann für Korruption."

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Aktuell hätten mehrere Tausend deutsche Unternehmen Standorte in der Türkei. Das Land dränge politisch sehr darauf, mehr Investitionen zu ermöglichen. Seine Botschaft sei aber, dass man dann auch über Menschenrechts- und Klimaschutzstandards sprechen müsse, sagte Habeck.

Die Geschäfte der deutschen Unternehmen in der Türkei laufen trotz anhaltender Herausforderungen gut. Das zeigt eine Befragung der deutsch-türkischen Industrie- und Handelskammer (AHK), über die das "Handelsblatt" berichtet. Demnach bewerten gut zwei Drittel der dort aktiven deutschen Unternehmer ihre Lage als gut und nur eine einstellige Prozentzahl als schlecht. Auch die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate sind mehrheitlich positiv: Fast die Hälfte erwarten bessere Geschäfte, nur etwa ein Zehntel schlechtere.

"Mit seiner jungen und gut ausgebildeten Bevölkerung, Infrastrukturprojekten und großem Potenzial für erneuerbare Energien bietet die Türkei viele Chancen für die deutsche Wirtschaft", sagte Melanie Vogelbach, Leiterin des DIHK-Bereichs Internationale Wirtschaftspolitik und Außenwirtschaftsrecht, dem "Handelsblatt". "Trotz einiger positiver Signale bleiben aber viele Risiken bestehen." Dazu gehöre etwa die zwar zurückgehende, aber immer noch hohe Inflation.

Daneben würden der volatile Wechselkurs und unsichere wirtschaftliche Rahmenbedingungen als Haupthürden für Handel und Investitionen gesehen. Fast drei Viertel der Unternehmen sieht in der Wechselkurspolitik der Türkei das größte Risiko für ihre Geschäfte. Für die Umfrage wurden rund 120 deutsche Unternehmen zu ihren Türkeiaktivitäten befragt.  © dpa

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