• In Sri Lanka haben Militär und Polizei wenige Stunden nach der Vereidigung des neuen Präsidenten ein Protestcamp regierungskritischer Demonstranten geräumt.
  • Das Vorgehen sorgt international für Kritik.
  • Das Land befindet sich in der schwersten Wirtschaftskrise seit seiner Unabhängigkeit von Großbritannien 1948.

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In Sri Lanka haben Sicherheitskräfte wenige Stunden nach der Vereidigung des neuen Präsidenten Ranil Wickremesinghe das größte Protestcamp regierungskritischer Demonstranten in der Hauptstadt Colombo geräumt. Neun Menschen seien dabei festgenommen und zwei verletzt worden, erklärte die Polizei.

Sri Lanka: Sicherheitskräfte räumen Protestcamp nach Präsidenten-Vereidigung

Hunderte Soldaten entfernten in der Nacht auf Freitag Barrikaden vor dem Präsidentenpalast und vertrieben die vor Ort verbliebenen Demonstranten. Die Soldaten und Spezialeinheiten der Polizei gingen mit Schlagstöcken und automatischen Sturmgewehren bewaffnet auf die Demonstranten los. Die Einsatzkräfte riegelten den Präsidentenpalast ab und sperrten die wichtigsten Zugangsstraßen für den Verkehr.

Vor dem Palast harrten noch mehrere hundert Menschen au, die den Rücktritt Wickremesinghes fordern. Sie machen Wickremesinghe neben seinem geflüchteten Amtsvorgänger Gotabaya Rajapaksa für die schwere Krise im Land mitverantwortlich. Der Einsatz wurde durchgeführt, kurz bevor der am Donnerstag offiziell ins Amt eingeführte Wickremesinghe seinen politischen Rivalen Dinesh Gunawardena als Ministerpräsidenten vereidigte.

Die beiden sind zwar seit der Schulzeit befreundet, vertreten aber politisch gegensätzliche Positionen: Wickremesinghe ist ein pro-westlicher Befürworter freier Märkte - Gunawardena hingegen ein Nationalist, der eine sozialistische Politik und eine größere staatliche Kontrolle der Wirtschaft befürwortet.

Militäreinsatz löst internationale Kritik aus

Sein Kabinett sollte im Verlauf des Freitags vereidigt werden. Hunderte Aktivisten demonstrierten nach der Auflösung des Protestcamps gegen den Einsatz der Sicherheitskräfte und forderten erneut den Rücktritt Wickremesinghes, die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen.

Der Einsatz des Militärs gegen die Demonstranten löste international Kritik aus. Die US-Botschafterin in Colombo, Julie Chung, sprach ihre "tiefe Besorgnis" aus und forderte eine umgehende ärztliche Versorgung der Verletzten. Der kanadische Botschafter David McKinnon forderte die srilankischen Behörden zur "Zurückhaltung" und zum Verzicht auf Gewalt auf.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte zum Respekt der Meinungsfreiheit auf und warf den Behörden Gewalt gegen Journalisten vor, die über den Einsatz berichteten. Unter ihnen sei auch ein Fotograf der britischen Rundfunkanstalt BBC.

Schwerste Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1948

Sri Lanka erlebt derzeit die schwerste Wirtschaftskrise des Landes seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1948. Die Regierung Sri Lankas war zuletzt nicht mehr in der Lage, die wichtigsten Importe wie Lebensmittel, Treibstoff und Medikamente zu finanzieren. Inzwischen hat Sri Lanka den Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie Russland um Hilfe gebeten.

Wickremesinghes Vorgänger Rajapaksa war am 9. Juli vor Massenprotesten außer Landes geflohen. Von Singapur aus erklärte er später seinen Amtsverzicht. Die Wut der Demonstranten richtete sich auch gegen seinen damaligen Regierungschef Wickremesinghe. Bei den Massenprotesten der vergangenen Monate hatten die Demonstranten auch Wickremesinghes Rücktritt gefordert. Sie warfen ihm vor, die Interessen des einflussreichen Rajapaksa-Clans zu schützen, der die Politik Sri Lanka seit zwei Jahrzehnten dominiert. (AFP/okb)

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