Die islamistische Szene in Hamburg ist zuletzt gewachsen. Wie aus dem am Montag in der Hansestadt vorgestellten Verfassungsschutzbericht 2023 hervorgeht, stieg das sogenannte islamistische Personenpotenzial bis Ende vergangenen Jahres auf 1840.
Im Vorjahr 2022 hatte es sich demnach noch auf 1755 belaufen. Hintergrund dieser Entwicklung seien neben einer allgemeinen weiteren Aufklärung des Dunkelfelds insbesondere Zuwächse bei einzelnen Gruppierungen, erklärte die Innenbehörde.
In Hamburg hatte es zuletzt im Mai und April Demonstrationen der vom Hamburger Verfassungsschutz als gesichert extremistisch eingestuften islamistischen Gruppierung Muslim Interaktiv gegeben. Bei der ersten Kundgebung wurde auf Schildern unter anderem für ein sogenanntes Kalifat geworben, dies löste bundesweit Empörung aus. Die zweite Demonstration fand dann unter Auflagen statt, Kalifatsforderungen wurden untersagt.
Der Verfassungsschutz registrierte demnach auch Versuche von Islamisten, den muslimischen Fastenmonat Ramadan "für ihre ideologischen Zwecke zu instrumentalisieren". Etwas mehr als 80 Prozent der Islamisten in der Hansestadt galten demnach als gewaltorientiert - laut Definition der Behörden waren sie damit aber nicht zwangsläufig selbst gewaltbereit.
Der Landesverfassungsschutz verwies zudem auf einen deutlichen Anstieg der Fälle von politisch motivierter Kriminalität im Bereich sogenannter religiöser Ideologie innerhalb eines Jahres von 22 auf 62. Dies beruhe "im Wesentlichen" auf der Eskalation im Nahen Osten nach dem Überfall der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Propalästinensische Proteste wiesen dabei insgesamt "häufig antisemitische Konnotationen" auf.
Auch die Zahl rechtsextremistischer Straftaten stieg im vergangenen Jahr deutlich. Sie erhöhte sich laut Verfassungsschutzbericht von 484 im Jahr 2022 auf 716 im Jahr 2023. Mehr als 80 Prozent davon waren Äußerungs- und Propagandadelikte wie Volksverhetzung oder das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die Zahl der rechtsextremistischen Gewalttaten verändert sich kaum - von 56 im Jahr 2022 sank sie 2023 auf 55.
Der Verfassungsschutz sei derzeit "gefordert wie selten zuvor", teilte Innensenator Andy Grote (SPD) anlässlich der Vorstellung des aktuellen Verfassungsschutzberichts mit. Die Demokratie sei "von vielen Seiten unter Druck". Die Behörden stünden Verfassungsfeinden aber "auf den Füßen".
Trotz eines Mitgliederrückgangs von 1130 auf 1060 stufte der Hamburger Verfassungsschutz auch die linksextremistische Szene weiterhin als stark ein. Zuletzt hätten unter anderem jüngere Gruppierungen aus dem Bereich der Antifa Zulauf erhalten. 76 Prozent der Linksextremisten in der Hansestadt galten nach Einschätzung der Behörde als gewaltorientiert. © AFP
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