Vor den Küsten Tunesiens sind nach Angaben der Küstenwache seit Jahresbeginn fast 800 Menschen bei dem Versuch ertrunken, Europa per Boot zu erreichen. Wie ein Sprecher der Nationalgarde am Donnerstag mitteilte, wurden seit dem 1. Januar "789 Leichen von Migranten aus dem Meer geborgen", von denen den Angaben zufolge lediglich 102 die tunesische Staatsbürgerschaft hatten.
34.000 Menschen, die meisten von ihnen aus Afrika, konnten in diesem Jahr von Booten gerettet werden, wie der Sprecher weiter mitteilte. Dies war ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit rund 9200 abgefangenen und geretteten Migranten.
Tunesien ist ein wichtiges Transitland für Flüchtlinge, die über die gefährliche Mittelmeer-Route nach Europa gelangen wollen. Die Küstenstadt Sfax liegt nur etwa 130 Kilometer von der italienischen Insel Lampedusa entfernt.
Der italienischen Regierung zufolge sind in diesem Jahr bereits 80.000 Migranten, vornehmlich aus Libyen und Tunesien, an den Küsten Italiens angekommen.
Die Europäische Union und Tunesien hatten Mitte Juli ein umfassendes Migrationsabkommen geschlossen. Es soll Flüchtlinge von irregulärer Migration in die EU abhalten und insbesondere den gemeinsamen Kampf gegen Schleuser verbessern. Das von einer schweren Wirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit geplagte Tunesien erhält dafür finanzielle Unterstützung von mehr als einer Milliarde Euro.
In Tunesien hatte es zuletzt einen Anstieg rassistisch motivierter Angriffe auf Migranten gegeben, nachdem Präsident Kais Saied im Februar "Horden" illegaler Migranten einer "kriminellen Verschwörung" beschuldigt hatte. Anfang Juli wurden nach dem Tod eines Tunesiers in Sfax 1200 Migranten von der Nationalgarde aus der Stadt vertrieben und ohne Wasser bei 40 Grad in der Wüste ausgesetzt.
Bei der Überfahrt über das Mittelmeer sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) seit 2014 mehr als 20.000 Menschen ums Leben gekommen. © AFP
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