• Die ÖVP hat nach dem angekündigten Rückzug von Sebastian Kurz und Kanzler Alexander Schallenberg neues Führungspersonal gefunden.
  • Wie erwartet wird der bisherige Innenminister Karl Nehammer neuer Bundeskanzler.

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Nach dem Rückzug von Sebastian Kurz als Parteiobmann und dem Verzicht von Alexander Schallenberg auf das Kanzleramt hat man sich in der ÖVP auf eine neue Führungsmannschaft verständigt.

Wie erwartet übernimmt der bisherige Innenminister Karl Nehammer das Amt des Bundeskanzlers und Parteichefs. Er sei von der ÖVP einstimmig zum geschäftsführenden Parteichef und damit zum designierten Bundeskanzler gewählt worden, teilte Nehammer auf einer Pressekonferenz mit. Es sei ein Privileg für ihn, "jetzt diese neue Volkspartei anzuführen", sagte Nehammer.

Zu den zentralen Grundwerten seiner Politik würden Verantwortung, Solidarität und Freiheit zählen, sagte Nehammer in einer ersten Stellungnahme. "Füreinander da sein, füreinander einstehen, aufeinander aufpassen", das gelte gerade in der Corona-Pandemie.

Nehammer dankt Kurz und Schallenberg

Er dankte dem scheidenden Parteichef Kurz für die "Fürsorge", die er der ÖVP angedeihen habe lassen. Explizit dankte Nehammer auch Kurzzeit-Kanzler Alexander Schallenberg.

Folgende Vorschläge will Nehammer Bundespräsident Alexander Van der Bellen unterbreiten:

  • Finanzministerium: Magnus Brunner, bisher Staatssekretär
  • Innenministerium: Gerhard Karner, bisher zweiter Landtagspräsident in Niederösterreich
  • Bildung und Wissenschaft: Martin Polaschek, bisher Rektor der Uni Graz
  • Außenministerium: Alexander Schallenberg

Das Amt des Staatssekretärs wird ins Bundeskanzleramt geholt. Diese Aufgabe soll die ÖVP-Abgeordnete und Bundesvorsitzende der Jungen Volkspartei Claudia Plakolm übernehmen.

Bundespräsident Van der Bellen muss Nehammer formell noch vereidigen. Die Angelobung solle rasch stattfinden, sagte Nehammer. Man sei dazu in enger Abstimmung mit dem Bundespräsidenten, "um rasch handlungsfähig zu werden". Nehammers Rolle als Parteichef muss noch von einem Parteitag bestätigt werden.

Schützenhöfer geht nicht von Neuwahlen aus

Der steirische ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer sagte nach den Beratungen der Partei der APA, eine Neuwahl des Nationalrats sei nicht notwendig. Die Koalition werde zuversichtlich in die weitere Arbeit gehen, meinte er. Den Grünen müsse man nun "Luft zum Atmen geben", sagte Schützenhöfer. Die Vorstandssitzung sei sehr gut verlaufen, man habe die Dinge bereits im Vorfeld klären können.

Am Donnerstag hatte zunächst Ex-Kanzler und Parteiobmann Sebastian Kurz seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Später stellte Bundeskanzler Alexander Schallenberg sein Amt zur Verfügung, auch Gernot Blümel gab seinen Rückzug als Finanzminister und Wiener ÖVP-Chef bekannt.

In Umfragen liegt die ÖVP teils hinter der SPÖ

Der Wechsel an der Parteispitze erfolgt jedenfalls aus einer Position der Schwäche heraus. In den Umfragen ist die Kanzlerpartei seit Bekanntwerden der Korruptionsermittlungen gegen Kurz und einige seiner engsten Mitarbeiter dramatisch abgestürzt.

Im September lag sie noch stabil bei 34 bis 35 Prozent und gut zehn Punkte vor der zweitplatzierten SPÖ. Seit der Inseratenaffäre und Kurz' Rücktritt als Kanzler am 9. Oktober liegt die ÖVP nur noch gleichauf mit oder sogar knapp hinter der SPÖ.

Das Forschungsinstitut OGM sah die Sozialdemokraten zuletzt mit 26 Prozent schon deutlich vor der Volkspartei (23 Prozent). Dahinter folgten die FPÖ mit 21 sowie NEOS und Grüne mit jeweils 12 Prozent. Damit wäre mit Rot-Grün-Pink erstmals seit langem wieder eine Regierungsmehrheit ohne die ÖVP möglich.

Verwendete Quellen:

  • Pressekonferenz Karl Nehammer
  • APA
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