In Deutschland sind deutlich mehr Kinder von Armut betroffen, als bislang angenommen, rechnet der Deutsche Kinderschutzbund vor. Von einem "Armutszeugnis für ein reiches Land" ist die Rede.
Etwa 4,4 Millionen Kinder in Deutschland sind nach Schätzungen des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) von Armut betroffen - rund 1,4 Millionen mehr als bisher angenommen.
Dies sei ein "Armutszeugnis für ein reiches Land", betonte der Verband am Mittwoch. Er forderte die Bundesregierung auf, entschlossener gegen die Kinderarmut vorzugehen. Deren Pläne etwa zur Erhöhung des Kinderzuschlags seien "völlig unzureichend".
Grund für die höheren Zahlen ist demnach, dass viele Familien staatliche Leistungen nicht in Anspruch nehmen, also in den Statistiken nicht erfasst würden. "Oft liegt es daran, dass die Eltern mit den bürokratischen Abläufen überfordert sind oder sich schlichtweg dafür schämen", sagte DKSB-Präsident Heinz Hilgers.
Bürokratie schrecke bedürftige Eltern ab
Regierung und Behörden setzten auch bewusst auf den abschreckenden Faktor der Bürokratie. "Die Verschleierungsmethoden der Ministerien funktionieren gut", sagte Hilgers.
Der Schutzbund bezieht sich mit seinen Zahlen unter anderem auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen vom 18. Juni 2018. Sogenannte aufstockende Leistungen nach Hartz IV nähmen geschätzt nur etwa 50 Prozent der Berechtigten in Anspruch. Das allein betreffe rund 850.000 Kinder unter 18 Jahren.
"Zählen wir alles zusammen, kommen wir konservativ gerechnet auf eine Dunkelziffer von 1,4 Millionen Kindern. Alle diese Kinder sind offiziell nicht arm, doch sie fallen durch das Raster unseres Sozialstaates", sagte Hilgers.
Perspektivisch fordert der DKSB die Einführung einer einfachen und unbürokratischen Kindergrundsicherung. © dpa
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