• Ukraines Präsident Selenskyj hat mit einer Entlassungswelle auf die jüngsten Korruptionsvorwürfe gegen Mitglieder seiner Regierung reagiert.
  • Fünf Gouverneure und vier Vize-Minister wurden am Dienstag ihrer Ämter enthoben.
  • Darunter ist auch der stellvertretende Verteidigungsminister.

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Die Korruptionsvorwürfe in der Ukraine haben Konsequenzen für mehrere stellvertretende Regierungsmitglieder, Gouverneure und hochrangige Beamte. Fünf Gouverneure und vier Vize-Minister wurden am Dienstag ihrer Ämter enthoben, wie die Regierung in Kiew inmitten des russischen Angriffskrieges mitteilte. Darunter war der stellvertretende Verteidigungsminister Wjatscheslaw Schapowalow.

Nach Angaben von Taras Melnytschuk, Vertreter der Regierung im Parlament, werden die Gouverneure der zentralen Region Dnipropetrowsk, der südlichen Regionen Saporischschja und Cherson, der nordukrainischen Region Sumy und der Hauptstadt Kiew abgesetzt. Zuvor war bereits bekannt geworden, dass der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidialamts Kyrylo Tymoschenko und der stellvertretende Generalstaatsanwalt Oleksij Simonenko aus ihren Ämtern scheiden.

Der Entlassungswelle ging eine Reihe von Korruptionsskandalen um Schmiergelder, die Veruntreuung von Hilfsgeldern sowie das Zuschanzen von Bauaufträgen und Luxusreisen voraus. Präsident Wolodymyr Selenskyj versucht offenbar mit einem Rundumschlag den Imageschaden zu minimieren. Nach dem russischen Einmarsch vor elf Monaten wird der ukrainische Staatshaushalt gut zur Hälfte aus dem Ausland finanziert.

Stellvertretender Verteidigungsminister unter Korruptionsverdacht

Besonders schwerwiegend dürfte der Fall des stellvertretenden Verteidigungsministers Schapowalow sein, da ins Verteidigungsministerium viele ausländische Gelder fließen. Schapowalow war für die logistische Unterstützung der Armee zuständig. Sein Ministerium gab am Dienstag seinen Rücktritt bekannt.

Zuvor waren Berichte veröffentlicht worden, in denen das Verteidigungsministerium beschuldigt wurde, bei der Beschaffung von Lebensmitteln einen Vertrag zu überhöhten Preisen abgeschlossen zu haben. Sie sollen zwei bis drei Mal höher gelegen haben als die üblichen Einkaufspreise.

Das Ministerium hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Die Verpflegung für die Soldaten sei gemäß "dem gesetzlich festgelegten Verfahren" gekauft worden. Zugleich wurde eine interne Prüfung zum Einkauf der Soldatenverpflegung angekündigt. Das Verteidigungsministerium erklärte, Schapowalows Rücktritt werde das "Vertrauen der Gesellschaft und der internationalen Partner" bewahren.

Korruption schon länger ein Problem in der Ukraine

Auch vor dem Hintergrund eines möglichen EU-Beitritts der Ukraine möchte Selenskyj mit den Entlassungen offenbar ein Zeichen setzen. Im Juni erhielt die Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Verbunden sind damit auch Auflagen bei der Korruptionsbekämpfung.

Vor Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wurde das Land regelmäßig von Korruptionsskandalen erschüttert. 2019 war Selenskyj auch mit dem Versprechen angetreten, die Korruption im Land zu bekämpfen. Dass die bisherigen Reformen nicht ausreichen, zeigten die jüngsten Skandale eindrücklich.

Die EU-Kommission forderte das Land zu weiteren Anstrengungen auf. Es müsse Garantien für Geldgeber geben, dass Mittel sinnvoll eingesetzt würden, so eine Sprecherin der Kommission. Die EU hatte der Ukraine erst jüngst ein weiteres Darlehen über drei Milliarden Euro ausgezahlt. Bis Ende des Jahres sollen weitere 15 Milliarden Euro fließen.

Der Austausch von Personal dürfte die strukturellen Korruptionsprobleme nicht langfristig lösen. Selenskyj kündigte zusätzlich zu den Entlassungen an, Auslandsreisen außer im beruflichen Zusammenhang für Regierungsbeamte zu verbieten. "Wenn sie sich jetzt erholen wollen, werden sie dies außerhalb des öffentlichen Dienstes tun", sagte der ukrainische Präsident. (afp/dpa/lko)

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