Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) rechnet in diesem Jahr nicht mehr mit einem neuen Fischsterben an der Oder. "Ich bin erleichtert, dass in diesem Sommer keine Katastrophe, die auch nur annähernd das Ausmaß des letzten Sommers hatte, aufgetreten ist", sagte Lemke bei einem Besuch des Nationalparks Unteres Odertal anlässlich ihrer diesjährigen Sommerreise.

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"Ich würde nicht von Entwarnung sprechen, weil die Situation nach wie vor eine ist, die mich mit Sorge erfüllt", sagte Lemke jedoch weiter. Zentrale Faktoren, die im vergangenen Jahr zu dem massenweisen Fischsterben geführt hatten, seien nach wie vor vorhanden. Dies seien hohe Salzkonzentrationen, ein relativ niedriger Wasserstand und im Sommer hohe Temperaturen.

Lemke verwies besonders auf die hohen Salzeinleitungen auf polnischer Seite, die bislang nicht verringert worden seien. Allerdings hätten die polnischen Behörden darauf gedrängt, dass kommunale Abwassereinleitungen reduziert wurden. Generell werde auch in Polen stärker hingeschaut und auch die Kommunikation habe sich verbessert.

Die Gewässerbelastung bleibe jedoch hoch und es habe auch immer wieder kleinere, lokale Fischsterben in Polen gegeben, warnte Lemke. Besonders angesichts der fortschreitenden Erwärmung könne es daher jederzeit wieder zu der toxischen Algenblüte kommen, die 2022 die Katastrophe verursacht hatte. "Wenn wir dieses Jahr durchkommen, dann hatten wir Glück", sagte die Umweltministerin.

Zu aktuellen Meldungen aus dem polnisch-tschechischen Grenzgebiet am Oberlauf der Oder, wo etwa 30 Kilogramm tote Fische geborgen wurden, sagte Lemke, ihr Ministerium gehe hier bislang "von einem lokalen Ereignis" aus und nicht von Vorboten eines überregionalen Problems. Auch sei offensichtlich dort nicht die Goldalge die Ursache wie bei dem großen Fischsterben des Vorjahres. Wir stehen aber mit der polnischen Seite deswegen in Kontakt", sagte Lemke weiter.

Kritisch äußerte sich Lemke erneut zum Ausbau der Oder, der von Polen trotz anderslautender polnischer Gerichtsurteile weiter vorangetrieben wird. Der Fluss habe sich von der Katastrophe des Vorjahres noch lange nicht erholt und vertrage keine neuen Belastungen. "Der Fluss ist weiter kränkelnd" und "die Alge kann jederzeit wieder loslegen", warnte auch der Leiter des Nationalparks Unteres Odertal, Dirk Treichel. Er befürchtet durch den Ausbau zudem die teilweise Zerstörung des wertvollen Naturraums im Odertal.

Lemke betonte, dass es ihr nicht darum gehe, Binnenschifffahrt auf der Oder zu verhindern oder gar Hochwasserschutz zu vernachlässigen. "Wir müssen eine Balance finden", forderte aber die Ministerin, zumal die Bedeutung der Oder als Wasserstraße begrenzt sei. Man müsse die Nutzung von Flüssen "an deren Ökosysteme anpassen". Schiffe sollten "auf Flüssen fahren", sagte Lemke, nicht aber "Flüsse zu Kanälen gemacht werden".  © AFP

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