EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat scharfe Kritik an der unkoordinierten Beschaffung von Rüstungsgütern in der Europäischen Union geübt und Vorschläge für zusätzliche Kooperationsanreize gemacht. Es sei gut, dass Mitgliedstaaten ihre Verteidigungshaushalte erhöhten und damit notwendige Investitionen ermöglichten, sagte die Deutsche am Donnerstag bei der Jahreskonferenz der Europäischen Verteidigungsagentur in Brüssel. Noch immer würden allerdings weniger als 20 Prozent der Investitionen gemeinsam getätigt. Damit sei man sehr weit von dem EU-Ziel entfernt, 35 Prozent der Ausgaben gemeinsam zu tätigen.
Hinzu kommt laut von der Leyen, dass nach den jüngsten Zahlen ein Großteil der zusätzlichen Mittel bei Rüstungskonzernen außerhalb der EU landet. Dies geht ihrer Meinung nach zulasten der Wettbewerbsfähigkeit der EU, der heimischen Wirtschaft, des Militärs und der Sicherheit.
"Wenn die Mitgliedstaaten unkoordiniert einkaufen, kann dies die Preise hochtreiben", erklärte sie. Auch solle man nicht davon ausgehen, dass man sich bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern immer auf den internationalen Markt verlassen können.
Mehr Gemeinschaftsprojekte, weniger Bürokratie
Um einen Kurswechsel zu erleichtern, schlug die frühere deutsche Verteidigungsministerin vor, zusätzliche Anreize für Gemeinschaftsprojekte zu setzen. Demnach wäre es möglich zu vereinbaren, dass Ausgaben für solche Projekte bei der Überprüfung der Einhaltung von EU-Schuldenregeln zeitweise gesondert behandelt werden. Als weitere mögliche Optionen nannte von der Leyen einen Bürokratieabbau und das gemeinsame Identifizieren von "Flaggschiff-Fähigkeiten". Für letztere könnte es dann eine EU-koordinierte Planung geben.
Die derzeitige Einkaufspolitik sorgt nach Angaben von der Leyens beispielsweise dafür, dass die Truppen in einem deutsch-niederländischen Verband denselben Haubitzentyp verwenden, aber nicht die Munition des anderen nutzen können. "So kann es nicht weitergehen", sagte sie.
Materialintensive Verteidigung der Ukraine
Als einen Grund für schnelles Handeln nannte von der Leyen auch den Unterstützungsbedarf der Ukraine. "Der Krieg in der Ukraine ist materialintensiver als jeder andere Krieg in der jüngeren Geschichte", erklärte sie. Russland habe innerhalb eines Jahres zehn Millionen Granaten abgefeuert und die Ukraine verschleiße jeden Monat 10 000 Drohnen.
EU-Ratspräsident Charles Michel schlug bei der Konferenz vor, Anleihen zur Finanzierung der europäischen Verteidigung auszugeben. Diese könnten als eine neue Anlageklasse - auch für Kleinanleger - entstehen. Zugleich verwies Michel darauf, dass bereits heute sehr viel Geld zur Verfügung stehe. In diesem Jahr beliefen sich die Verteidigungsausgaben der EU-Mitgliedstaaten auf insgesamt etwa 270 Milliarden Euro sagte er. Knapp 60 Milliarden Euro davon würden für Investitionen ausgegeben. © dpa
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