Ein Gericht in London hat die Pläne der Regierung zur Abschiebung von illegal nach Großbritannien eingereisten Flüchtlingen nach Ruanda für rechtswidrig erklärt. Drei Richter des Berufungsgerichts begründeten ihre am Donnerstag verkündete Entscheidung damit, dass das ostafrikanische Land kein sicherer Drittstaat sei. Die Abschiebung von Asylbewerbern nach Ruanda sei rechtswidrig, solange die Mängel im Asylsystem des Landes nicht behoben würden.

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Die Richter folgten damit der Argumentation von Flüchtlingen und Aktivisten, welche die Regierungspläne angefochten hatten. Die Kläger machten unter anderem geltend, dass die britische Regierung nicht garantieren könne, dass nach Ruanda geschickte Asylbewerber nicht in das Land abgeschoben werden, aus dem sie geflohen waren.

Auch die Richter erklärten nun, die Mängel des Asylsystems in Ruanda seien so groß, dass es stichhaltige Gründe "für die Annahme eines realen Risikos gibt", dass die Flüchtlinge aus Ruanda in "ihre Heimatländer zurückgeschickt würden, wo ihnen "Verfolgung oder andere unmenschliche Behandlung" drohe. Eine Abschiebung nach Ruanda stelle somit einen Verstoß gegen die Europäischen Menschenrechtskonvention dar.

Premierminister Rishi Sunak kündigte nach der Entscheidung des Berufungsgerichts an, dass seine Regierung nun vor den Obersten Gerichtshof des Landes ziehen wolle. "Ruanda ist ein sicheres Land. Wir werden nun die Erlaubnis beantragen, gegen diese Entscheidung beim Obersten Gerichtshof Berufung einzulegen", sagte er.

Die ruandische Regierung betonte indes, dass sie weiterhin aus Großbritannien abgeschobene Asylbewerber aufnehmen wolle. Regierungssprecherin Yolande Makolo wies den Vorwurf zurück, dass Ruanda kein sicheres Land für Asylsuchende sei.

Ruanda sei "eines der sichersten Länder der Welt" und vom UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) für seine "vorbildhafte Behandlung von Flüchtlingen" anerkannt worden, sagte Makolo der Nachrichtenagentur AFP. In Ruanda sei ein "sicheres, geschütztes und menschenwürdiges Umfeld geschaffen worden, in dem Migranten und Flüchtlinge die gleichen Rechte und Chancen haben wie Ruander".

Unter dem früheren Premierminister Boris Johnson hatte Großbritannien ein Abkommen mit Ruanda geschlossen, um Asylsuchende dorthin auszufliegen. Dies sollte Menschen davon abschrecken, die Überfahrt über den Ärmelkanal nach Großbritannien zu unternehmen.

Die Umsetzung des Vorhabens war bisher jedoch gescheitert. So wurde ein für Juni 2022 geplanter Flug mit Flüchtlingen in das ostafrikanische Land nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kurzfristig gestrichen. Derzeit ist das Vorhaben weiterhin von der britischen Justiz blockiert.

Die britische Regierung steht durch eine Rekordzahl von über den Ärmelkanal einreisenden Migranten unter Druck. Allein im vergangenen Jahr waren fast 45.000 Migranten illegal über den Ärmelkanal von Frankreich nach Großbritannien gelangt.  © AFP

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