Sie fordert eine sofortige Umkehr in der Klimapolitik: Um dies zu unterstreichen, will die Umweltgruppe Extinction Rebellion in dieser Woche zentrale Plätze in Metropolen weltweit besetzen. In Berlin versammelten sich die ersten Rebellen schon am Wochenende.
Zwischen Reichstag und Kanzleramt in Berlin haben tausende Klimaaktivisten der Gruppe Extinction Rebellion ihr Lager aufgeschlagen. Mit Straßenblockaden und anderen Aktionen zivilen Ungehorsams wollen sie von diesem Montag an in Berlin und anderen Metropolen in aller Welt auf die drohende Klimakatastrophe und das Artensterben aufmerksam machen.
Weiterbildung für die Revoluzzer von morgen
Bis zu 3000 Menschen kamen nach Schätzungen der Veranstalter bis zum Sonntagnachmittag in das sogenannte Klimacamp im Berliner Regierungsviertel, wo die Aktivisten ein Zeltlager errichtet haben. In Workshops und Diskussionsveranstaltungen schult die Gruppe die Teilnehmer dort eine Woche lang für Demonstrationen und andere Protestaktionen, aber auch in Methoden der Bürgerbeteiligung, die eine zentrale Forderung der Gruppe sind.
Es ist das bisher größte Klimacamp von Extinction Rebellion (auf Deutsch etwa: Rebellion gegen das Aussterben). Die Gruppe kommt ursprünglich aus Großbritannien, nach eigenen Angaben gibt es sie seit vorigem November auch in Deutschland. Im Internet hat sie drei zentrale Forderungen und zehn Verhaltensregeln postuliert. Die Aktivisten fordern unter anderem, dass die nationalen Regierungen sofort den Klimanotstand ausrufen. Ihren Protest verstehen sie als gewaltfrei. Wer sich damit verbunden fühlt, kann mit wenigen Klicks eine eigene Ortsgruppe gründen.
"Mehr Schein als Sein" lautet die Expertenmeinung
Zu ihren Aktionen kamen hierzulande bisher aber selten mehr als eine Handvoll Aktivisten. Nach Einschätzung von Protestforscher Dieter Rucht muss die Gruppe ihr Mobilisierungspotenzial erst noch unter Beweis stellen. "Extinction Rebellion ist ein Stück weit aufgeblasen, mehr Schein als Sein", sagte Rucht der Deutschen Presse-Agentur. Das zeige sich auch an "vollmundigen Ankündigungen" zur Mitgliederzahl und Anzahl der nationalen Verbände. Die von der Gruppe genannten Zahlen seien "nicht unbedingt durch die Realität gedeckt".
Mit den Protesten in dieser Woche könnte es Extinction Rebellion allerdings gelingen, den Eindruck zu widerlegen: "Tausende Menschen" hatten die Veranstalter in Berlin angekündigt, knapp 3000 waren es schon beim Klimacamp in der Hauptstadt am Sonntag.
An diesem Montag wollen sie den Verkehr in der Hauptstadt teilweise lahmlegen. Ausgehend von einer Versammlung am Potsdamer Platz am Mittag seien mehrere Blockadeaktionen geplant, kündigte die Gruppe an. "Wir empfehlen Autofahrern, das Auto stehen zu lassen", hieß es am Freitag. U- und S-Bahnverkehr sollten verschont bleiben. Ob sich Extinction Rebellion auf die Straße konzentriert oder auch die Berliner Flughäfen ins Visier nimmt, wollten die Organisatoren nicht verraten.
Dem Konsum mit Barrikaden begegnen
Weitere Aktionen soll es unter anderem in London, Paris, Madrid, Amsterdam, New York, Buenos Aires sowie in den australischen Städten Sydney, Melbourne und Perth geben. In Paris besetzten Aktivisten bereits am Samstag ein Einkaufszentrum, blockierten die Zugänge für Kunden und errichteten Barrikaden. Am frühen Sonntagmorgen gaben sie das Shoppingzentrum "Italie Deux" im 13. Arrondissement wieder frei. Ordnungskräfte hatten das Gebäude zuvor umstellt.
Aus der FDP gibt es deutliche Kritik an den Aktionen. Die geplanten Blockaden erhöhten die Gefahr einer Eskalation, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, der "Passauer Neuen Presse". "Dabei ist der Klimawandel eine Menschheitsaufgabe, die sich nur im Konsens lösen lässt." FDP-Chef Christian Lindner sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Trotz der Bedeutung des Klimaschutzes hört für mich das Verständnis auf, wenn Gewalt angewendet wird." (best/dpa)
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