- In einem Friedens-Abkommen haben sich die NATO und die USA verpflichtet, ihre alliierten Truppen aus Afghanistan abzuziehen.
- Dieser Abzug sollte im April 2021 abgeschlossen sein. Der Termin aber steht in Frage.
- Die NATO weist darauf hin, dass die Taliban sich nicht an ihre Teile der Abmachung hielten. Deren Antwort ist eine Drohung an die US-Regierung mit einem "großen Krieg".
Die militant-islamistischen Taliban drohen den USA mit einer erneuten Eskalation des Dauerkonflikts in der Region, sollten die USA ihre Streitkräfte nicht wie vereinbart aus Afghanistan abziehen.
Gleichzeitig forderte die NATO, das nordatlantische Politik- und Verteidigungs-Bündnis aus 30 Staaten, die Taliban auf, ihre Verpflichtungen aus der Friedensvereinbarung mit den USA einzuhalten.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach von einem "echten Dilemma. Wenn wir entscheiden, abzuziehen, gefährden wird den Friedensprozess." Afghanistan könne dann wieder "ein sicherer Hafen für internationale Terroristen werden". Bleibe die NATO aber, "gehen wir das Risiko erhöhter Gewalt ein - auch gegen NATO-Truppen".
Die Taliban drohen den USA mit einem "großen Krieg"
Diese Gewalt kündigten die Taliban explizit gegen Angehörige der US-Streitkräfte an. "Wenn das Doha-Abkommen aufgekündigt wird, wird dies zu einem großen Krieg führen, dessen Verantwortung voll und ganz auf den Schultern Amerikas liegen wird", hieß es in einem am Freitag veröffentlichten Beitrag der Gruppe.
Im Februar 2020 hatte der damalige US-Präsident Donald Trump den Taliban in einem Abkommen den schrittweisen Abzug aller internationalen Streitkräfte zugesichert. Dieser sollte im April 2021 abgeschlossen sein.
Im Gegenzug hatten sich die Islamisten unter anderem zu Friedensverhandlungen mit Afghanistans Regierung verpflichtet. Diese Gespräche führten bislang jedoch zu keinem Ergebnis.
Afghanistans Hoher Rat für Versöhnung veröffentlichte am Freitag eine Erklärung, in der Regierungsvertreter die Abwesenheit führender Taliban-Unterhändler bei den Verhandlungen in Doha bemängeln. Die Islamisten waren in der zweiten Verhandlungsrunde nach der Aufnahme der Gespräche im September teils auf diplomatischen Reisen in Teheran und Moskau.
Die Taliban sollen den Terroristen keine Verstecke mehr bieten
Neben der Verständigung mit der Regierung garantierten die Taliban in dem geschlossenen Abkommen, dass sie keinen Anhängern anderer Terrororganisationen - wie zum Beispiel der Al-Kaida-Gruppe - Unterschlupf gewähren würden.
Die USA hatten kurz vor Amtsantritt des neuen Präsidenten Joe Biden ihre Truppenstärke in Afghanistan auf 2.500 reduziert, einen historischen Tiefstand seit ihrem Einmarsch 2001. Damals hatte eine US-geführte Militärinvasion nach den Al-Kaida-Anschlägen vom 11. September in den USA der Taliban-Herrschaft in Afghanistan ein Ende gesetzt
Die neue US-Regierung hatte angekündigt, das Abkommen aus dem Februar 2020 auf den Prüfstand zu stellen. Am Donnerstag trafen sich der US-Sondergesandte für Afghanistan, Zalmay Khalilzad, sowie der neue US-Außenminister Antony Blinken. Und auch Stoltenberg kündigte seitens der NATO an, das Bündnis werde "sehr sorgfältig bewerten", ob es sich tatsächlich bis Mai zurückziehen könne.
Die Taliban hatten seit dem Abkommen zwar keine internationalen Soldaten mehr getötet, der Konflikt mit der vom Westen gestützten Regierung geht aber unvermindert weiter. Der jüngste Anstieg der Gewalt löse "große Sorge" im Bündnis aus, so Stoltenberg.
NATO bemängelt Zunahme von Anschlägen durch die Taliban
Im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem belgischen Ministerpräsidenten Alexander de Croo in Brüssel wies Stoltenberg auf eine Zunahme von Anschlägen auf Mitglieder der afghanischen Zivilgesellschaft wie Journalisten hin.
Anschließend wurden bei einem Talibanangriff in der Nacht auf Freitag mindestens 16 regierungstreue Sicherheitskräfte getötet. Der Überfall erfolgte in der umkämpften Nordprovinz Kundus, wie Provinzräte übereinstimmend berichteten.
Mehrere Stunden lang habe die dem Inlandsgeheimdienst zugehörige Miliz den Kontrollposten verteidigt, bevor dieser schließlich überrannt worden sei. Waffen seien geplündert worden. (dpa/AFP/hau)
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