Großbritannien hat angekündigt, der Ukraine Munition aus abgereichertem Uran zu liefern. Präsident Wladimir Putin erklärte, dass "Russland entsprechend reagieren muss". Das Metall gehört in vielen Ländern zum Militärarsenal. Problematisch ist aber nicht seine Radioaktivität, sondern seine Giftigkeit.

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Was ist abgereichertes Uran?

Abgereichertes Uran ist ein Abfallprodukt, das in Atomkraftwerken entsteht, wenn Uran chemisch verändert wird, um es für die Stromerzeugung wirksam zu machen. Auch bei der Herstellung von Atomwaffen entsteht abgereichertes Uran. Der Vorteil dieses Materials bei der Verwendung als Munition ist die hohe Dichte. Es ist 1,7-mal so dicht wie Blei und dadurch vor allem dort einsetzbar, wo sich eine große Masse in kleinem Volumen als vorteilhaft erweist, zum Beispiel in panzerbrechenden Geschossen.

Wofür wird es verwendet?

Munition aus abgereichertem Uran wird eingesetzt, um Granaten und Bomben mehr Durchschlagskraft zu verleihen, etwa, indem man es für die Spitzen von Kugeln, Mörsergranaten oder Panzergranaten verwendet. Beim Aufprall schärft sich das Material sogar selbst, was es hochwirksam gegen gepanzerte Fahrzeuge macht.

Uranmunition wurde in beiden Golfkriegen, in Serbien und im Kosovo verwendet sowie im Krieg gegen den "Islamischen Staat" in Syrien. Laut verschiedener Medienberichte und eigener Angaben haben lediglich die USA und Großbritannien diese Munition bisher im Einsatz verwendet. Insgesamt sollen aber zwischen 17 und 21 Staaten über Munition mit abgereichertem Uran verfügen. Zu diesen gehört auch Russland.

Das britische Verteidigungsministerium sagt, es werde Granaten mit abgereichertem Uran an die ukrainischen Streitkräfte liefern, um die 14 Challenger-2-Panzer, die es in die Ukraine schickt, damit zu bestücken. Es heißt, die Granaten würden es den Panzerbesatzungen ermöglichen, aus größerer Entfernung feindliche Ziele zu bekämpfen, wodurch sie weniger Gegenfeuer ausgesetzt seien.

Wie gefährlich ist diese Munition?

Munition aus abgereichertem Uran strahlt etwa 60 Prozent weniger Radioaktivität aus als Uran im Naturzustand. Nach einem Gutachten des Wissenschaftlichen Ausschusses Gesundheit und Umweltrisiken der Europäischen Kommission von 2010 gibt es "keine Hinweise auf Umwelt- und Gesundheitsrisiken" durch abgereichertes Uran.

Andere Institutionen kommen allerdings zu anderen Schlüssen. Das Problem soll dabei allerdings nicht die Radioaktivität sein, sondern die chemische Giftigkeit. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) stuft abgereichertes Uran deshalb auch als giftiges Schwermetall ein. Beim Aufprall auf ihr Ziel setzen die Geschosse giftige Stoffe frei (Uranoxidpartikel), die in hohen Mengen die Nieren beeinträchtigen können und das Krebsrisiko erhöhen. "Die chemische Toxizität von abgereichertem Uran wird als wichtiger angesehen als die möglichen Auswirkungen seiner Radioaktivität", heißt es.

Eine 2019 in der Zeitschrift Environmental Pollution veröffentlichte Studie legt nahe, dass es möglicherweise Verbindungen zwischen dem Einsatz von Waffen mit abgereichertem Uran und Geburtsfehlern in Nasiriyah im Irak gibt. Durch den Einsatz dieser Munition in den Balkankriegen sollen auch in Serbien und im Kosovo noch Menschen an den Folgen der chemischen Toxizität leiden. Aus diesem Grund wurde die Nato verklagt.

Uranmunition steht außerdem im Verdacht, das sogenannte "Golfkriegssyndrom" ausgelöst zu haben. Betroffen davon sind vor allem Veteranen. Sie leiden an Erschöpfungszuständen, Schlaf- und Gedächtnisproblemen, Depressionen, Muskelschmerzen, Diarrhoe, Erbrechen, Haar- und Zahnausfall und weiteren gesundheitlichen Problemen.

Ist der Einsatz dieser Munition legal?

Der Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran ist durch kein internationales Abkommen verboten. Die Genfer Konvention schreibt sogar ausdrücklich, dass der Einsatz dieser Munition in einem bewaffneten Konflikt nicht verboten ist. Was die Genfer Konvention jedoch verbietet, ist die Verwendung von giftigen Stoffen im Krieg. Das Humanitäre Völkerrecht als geltendes Recht während bewaffneter Konflikte enthält keine konkreten, explizit auf Munition mit abgereichertem Uran anwendbaren Regeln.

Verwendete Quellen:

  • Europa.eu: Europäische Komission - Health and Consumer Protection: Abgereichertes Uran
  • UK Parliamentary Office of Science and Technology: Depleted Uranium (PDF)
  • ZDF.de: Londons Uran-Munitions-Pläne: Moskau empört
  • Foreignpolicyjournal.com: New Study Documents Depleted Uranium Impacts on Children in Iraq
  • Welt.de: "Diese Schäden werden uns noch viele, viele Jahre beschäftigen"
  • Deutscher Bundestag: Abgereichertes Uran (PDF)
  • Sky.com: What is depleted uranium? Radiation risks explained after Putin's warning to UK over tank shells for Ukraine
  • gov.uk: UK depleted uranium (DU) munitions policy and development (PDF)
  • jstor.org: Rechtliche Erörterungen zum Einsatz von Munition aus abgereichertem Uran
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