• In Bremen mussten alle 32 Wettbüros ihre Pforten schließen.
  • Das Bundesland will so gegen Geldwäsche vorgehen.
  • Der Deutsche Sportwettenverband sieht darin politische Willkür.

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Wer in Bremen Sportwetten abschließen will, steht zurzeit vor verschlossenen Türen. Denn im Kampf gegen Geldwäsche hat die Innenbehörde des Stadtstaates kurzerhand alle Wettbüros dichtgemacht. Diese stehen immer wieder im Verdacht, für Geldwäsche im großen Stil missbraucht zu werden. Dagegen will man in Bremen nun konsequent vorgehen.

"Wenn eine Branche nachweislich für das Waschen schmutziger Gelder aus Drogen- und Menschenhandel missbraucht wird, dann ist es nicht nur legitim, sondern zwingend notwendig, vorzubeugen und genau hinzuschauen", sagte dazu der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer.

Grund für diese Einschätzung ist die Erste Nationale Risikoanalyse des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2018/2019. Dort wird der Glücksspielsektor mit einer hohen Geldwäschebedrohung eingestuft. An der umfassenden Analyse waren 35 Behörden aus Bund und Ländern beteiligt, unter anderem die Sicherheitsbehörden aller Länder und das Bundeskriminalamt (BKA).

Bundesweiter Sonderweg: Bremen schließt 32 Wettbüros auf einen Schlag

Dass nun alle 32 Büros in Bremen auf einmal schließen müssen, ist ein bundesweit einzigartiger Vorgang. Allerdings hätte der durchaus verhindert werden können, wie Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innensenators, gegenüber unserer Redaktion betont. Denn bereits im Sommer 2021 habe man die Wettbürobetreiber über eine Änderung im Bremer Glücksspielgesetz informiert. Demnach müssen nun alle Wettbüros die Herkunft ihres Gründungskapitals nachweisen – meist um die 120.000 Euro.

Die Resonanz sei ernüchternd gewesen. Denn trotz wiederholter Aufforderungen hätten die angeschriebenen Wettbüros keine oder nur unzureichende Unterlagen geliefert. Nun sei die Situation dementsprechend turbulent. Anwaltskanzleien überfluteten die Behörde mit E-Mails, Gerichtsverfahren würden angestrengt.

Kampf gegen Geldwäsche oder politische Willkür?

Der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) hält die Schließung der Bremer Büros für eine "politisch motivierte Willküraktion". So heißt es in einer Erklärung auf der Website des Verbandes. "Die Mitglieder des Deutschen Sportwettenverbandes haben bundesweite Erlaubnisse als Veranstalter von Sportwetten", sagte der DSWV-Präsident Mathias Dahms. "Dabei wurde die Zuverlässigkeit der Anbieter auf Herz und Nieren geprüft und selbstverständlich auch die rechtmäßige Herkunft deren Betriebsmittel nachgewiesen."

Es dränge sich der Eindruck auf, dass "mit solch einer Aktion von tatsächlich dringlichen innenpolitischen Problemen im Land Bremen abgelenkt werden soll." Den Wettanbietern bliebe nur der Gang vor die Verwaltungsgerichte.

"Wir versuchen, alles so schnell wie möglich zu prüfen, damit keine unverhältnismäßig langen Wartezeiten entstehen", versichert Gerdts-Schiffler. Bei entsprechender Datenlage könnten die Wettbüros dann auch wieder öffnen.

Wird Bremen zum Vorbild für andere Bundesländer?

Tatsächlich bringt der neue Glücksspielstaatsvertrag nicht nur Nachteile für die Betreiber von Wettbüros. Denn Sportwetten bewegen sich seit Jahren in einem rechtlichen Graubereich. "Die Veranstalter können jetzt erst einen Antrag für die jeweiligen Betreiber stellen", erklärt Gerdts-Schiffler. Bisher waren diese lediglich geduldet. "Es war wichtig, dass es so einen Vertrag gab", sagt Gerdts-Schiffler.

Das Vorgehen der Bremer könnte Vorbild für andere Bundesländer sein. Laut Gerdts-Schiffler gebe es zwar klare Gegner von Schließungen, wie etwa Hessen. Aber auch viele, die "das spannend fänden". Gut möglich also, dass das Thema auch anderswo noch aktuell wird.

Über die Expertin:
Rose Gerdts-Schiffler ist Pressesprecherin des Senators für Inneres in Bremen.

Verwendete Quellen:

  • Interview mit Rose Gerdts-Schiffler
  • senatspressestelle.bremen.de: Presseerklärung Der Senator für Inneres Bremen: Alle 32 Sportwettstellen in der Stadtgemeinde Bremen bleiben vorerst geschlossen (5.8.2022)
  • senatspressestelle.bremen.de: Presseerklärung Der Senator für Inneres Bremen: Innenbehörde erteilt Veranstaltenden von Wettbüros in der Stadtgemeinde "Versagungsbescheide" (27.7.2022)
  • Bundesministerium der Finanzen: Erste Nationale Risikoanalyse. Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019
  • dswv.de: Angekündigte Schließung von Wettbüros in Bremen: Politisch motivierte Willküraktion
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