Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat an die Wähler appelliert, bei Wahlen ihre Stimmabgabe genau zu bedenken.
"Kein mündiger Wähler kann sich auf mildernde Umstände herausreden, wenn er sehenden Auges politische Kräfte stärkt, die zur Verrohung unserer Gesellschaft und zur Aushöhlung der freiheitlichen Demokratie beitragen", sagte
Auf der Herreninsel im Chiemsee war im August 1948 gut drei Jahre nach Ende der Nazi-Diktatur von Sachverständigen ein Textentwurf für eine Verfassung erarbeitet worden. Er gilt als maßgebliche Grundlage des Grundgesetzes.
Steinmeier hatte sich schon in den vergangenen Wochen besorgt über das Umfragehoch der AfD gezeigt. Vor dem Hintergrund des Verfassungskonvents erinnerte der Bundespräsident an den historischen Hintergrund des Zustandekommens des deutschen Grundgesetzes.
"Erinnern wir uns daran, dass unsere Demokratie im Schatten von Diktatur, Krieg und Völkermord entstand. Und erkennen wir, was heute für unsere Demokratie auf dem Spiel steht", sagte der Bundespräsident.
Alle Deutschen hätten es in der Hand, die Verächter der Demokratie in die Schranken zu weisen. "Und wir alle, jede Politikerin und jeder Politiker, jede Bürgerin und jeder Bürger, wir haben eine gemeinsame Verantwortung für unsere Demokratie. Wir müssen sie schützen."
Robust und wehrhaft schon im Alltag zu sein, heiße zuerst, den Willen zum politischen Widerspruch zu beweisen, sagte Steinmeier. Die auftrumpfenden Lügen von Freiheitsfeinden dürften nicht mit Schweigen und Beschwichtigung hingenommen und diese dadurch womöglich ermutigt werden.
"Klarer, entschiedener, ja kämpferischer Widerspruch der demokratischen Parteien ist zum Beispiel immer dann gefordert, wenn Agitatoren in öffentlichen Versammlungen oder selbst in einer Stadtverordnetenversammlung unsere Demokratie als 'System', 'Unrechtsregime' oder 'Diktatur' verunglimpfen und demokratische Institutionen diskreditieren und verächtlich machen."
Gerade ein Gedenken wie das an den Verfassungskonvent fordere zu ernsten Gedanken auf, sagte der Präsident. Die Unantastbarkeit der Menschenwürde und das Demokratieprinzip seien durch die Verfassung selbst jeder Abschaffung entzogen. "Aber politisch müssen wir uns immer im Klaren sein: Unsere Verfassung verliert ihre Gültigkeit an dem Tag, an dem sie uns gleichgültig wird."
Zu dem Festakt auf Herrenchiemsee hatten Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Landtagspräsidentin Ilse Aigner (beide CSU) eingeladen. Vor der Festrede eröffnete Steinmeier eine neu konzipierte Ausstellung zum Verfassungskonvent.
Steinmeier sagte, der Verfassungskonvent sei unter den wichtigen Momenten der deutschen Geschichte einer der unbekanntesten. "Dabei ist er einer der bedeutendsten. Man kann fast sagen: Seine Bedeutung steht in einem umgekehrten Verhältnis zu seiner Bekanntheit." Ab dem 10. August 1948 berieten Vertreter und Beauftragte der Länder der westlichen Besatzungszonen, um dem kurz danach bevorstehenden Parlamentarischen Rat einen Vorschlag für eine neue, gemeinsame Verfassung zu machen. © AFP
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