Die Björn Steiger Stiftung fordert, die Rettung in gesundheitlichen Notsituationen durch die Einführung einer App nach österreichischem Vorbild zu beschleunigen. Eine derartige App würde Ersthelfer in der Nähe einer Notfallsituation schnell benachrichtigen - diese sogenannten First Responder könnten bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Stillstand umgehend mit der Herzdruckmassage beginnen, bis die professionellen Retter eintreffen.

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Anlass für die Forderung ist eine Recherche des Südwestrundfunks (SWR), die große Mängel in der deutschen Notfallversorgung festgestellt hat. Neben einem flächendeckenden First-Responder-System sei auch eine Verbesserung der Leitstellenarbeit und die Einführung eines bundesweiten Rettungsdienst-Rahmengesetzes nötig, sagte der Geschäftsführer der Stiftung, Christof Constantin Chwojka. Die Stiftung setzt sich seit 1969 bundesweit für die Verbesserung von Notfallhilfe und Rettungswesen in Deutschland ein.

Chwojka sieht zwei Grundprobleme im Rettungsdienst: "In dem Bereich, wo es wirklich um die Sekunde geht, kann die Überlebenschance zu einer Frage des Zufalls werden, weil die Rettung zu langsam ist." Es fehlten Telefon-Reanimation und First Responder. "Zum zweiten werden die Rettungsdienste mit Einsätzen überschwemmt, für die sie eigentlich nicht zuständig sind", so Chwojka weiter, der bei der Stiftung den Bereich Rettungsdienst verantwortet. Das liege am Anspruchsdenken der Bevölkerung, in der die Vorstellung herrsche, der Rettungsdienst sei die einzig rund um die Uhr verfügbare Ressource.

Recherchen des SWR Data Lab hatten ergeben, dass Rettungsdienste hierzulande oft verspätet eintreffen. Von 283 angefragten Rettungsdienst-Bereichen übermittelten 158 Daten zur Eintreffzeit im Jahr 2022. Nur in 24 geografischen Bereichen erreichten Rettungswagen oder Notärzte in mindestens 80 Prozent der Fälle die Notfälle innerhalb von acht Minuten, während mehr als 130 Bereiche diese Zeitvorgabe verfehlten. Experten zufolge ist das schnelle Eintreffen innerhalb acht Minuten entscheidend, um die Überlebenschancen nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand signifikant zu verbessern.

Wie Chwojka betont, sind jedoch selbst diese acht Minuten bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand schon zu lang. "Wenn jemand zusammenbricht, muss sofort etwas getan werden - und da sind alle in der Pflicht: die Leitstellen, die telefonisch sofort jemanden anleiten müssen, umgehend mit der Herzdruckmassage zu beginnen. In Deutschland ist das nicht flächendeckend so, das ist unfassbar - genauso wie die Tatsache, dass es keine flächendeckenden First-Responder-Systeme gibt."

Der gebürtige Österreicher spricht damit etwa die Lebensretter-App des Nachbarlandes an. Bei einem Notfall erhielten registrierte Nutzer in der Nähe eine Benachrichtigung und nach einem Klick die Notfall-Daten aufs Handy. "Ich bin vielleicht in zwei bis drei Minuten vor Ort und überbrücke das sogenannte therapiefreie Intervall, bis die Rettung eintrifft", erläutert Chwojka.

Er fordert eine bessere Arbeit der Leitstellen: "Sie müssen eine strukturierte, international standardisierte und vor allem qualitätsgesicherte Notrufabfrage durchführen, in deren Verlauf klar zwischen leichten und schweren Fällen unterschieden wird. Bei den leichten Fällen würde ein Arzt eingesetzt oder die Menschen am Telefon beraten - all das fehlt in Deutschland." Ebenso wichtig sei die telefonische Anleitung der Reanimation.  © dpa

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