Das Krisenland Sudan kommt nicht zur Ruhe. Jetzt wurde der UN-Sondergesandte, der Deutsche Volker Perthes, zur unerwünschten Person erklärt. Ihm werden von der sudanesischen Regierung mehrere Vorwürfe gemacht.
Die Regierung des Krisenstaates Sudan hat den deutschen UN-Sondergesandten Volker Perthes zur unerwünschten Person erklärt. UN-Generalsekretär António Guterres sei über diese Entscheidung unterrichtet worden, teilte das Außenministerium in Khartum am Donnerstag mit. Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan beschuldigt Perthes der Parteilichkeit und macht ihn für den Konflikt zwischen seinen Truppen und der RSF-Miliz (Rapid Support Forces) seines Widersachers Mohamed Hamda Daglo mitverantwortlich. Die Bundesregierung verurteilte das sudanesische Vorgehen gegen Perthes "auf das Schärfste".
"Die Regierung der Republik Sudan hat den Generalsekretär der Vereinten Nationen darüber informiert, dass sie Herrn Volker Perthes ab heute zur Persona non grata erklärt hat", erklärte das Außenministerium. In der Diplomatensprache bedeutet "Persona non grata", dass die betroffene Person nicht mehr im Land geduldet wird. Perthes hielt sich am Donnerstag nach UN-Angaben zu Gesprächen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba auf.
UN-Gesandter Perthes soll parteiisch gewesen sein
Die sudanesische Regierung habe ihre Entscheidung zu Perthes deshalb getroffen, weil dieser "für bestimmte politische Parteien Position ergriffen habe", hieß es aus Regierungskreisen in Khartum. Die Regierung habe die UNO aufgefordert, Perthes durch einen anderen Gesandten zu ersetzen, was abgelehnt worden sei. Deshalb habe die Regierung "keine andere Wahl gehabt", als Perthes zur unerwünschten Person zu erklären.
Das Auswärtige Amt in Berlin hob hervor, dass sich Perthes seit Beginn der Kämpfe mit "sehr viel Energie und Leidenschaft" für einen Waffenstillstand und humanitäre Hilfslieferungen eingesetzt habe. All dies werde nun "konterkariert", sagte eine Ministeriumssprecherin. Die Bundesregierung stehe weiterhin "voll und ganz" hinter Perthes. Er werde sein Amt "natürlich" behalten und dieses künftig vom Nachbarland Kenia ausüben.
Militärmachthaber al-Burhan hatte dem Deutschen Ende Mai in einem Schreiben an die UNO vorgeworfen, mit "Täuschung und Desinformation" den Konflikt in dem nordostafrikanischen Land geschürt zu haben. Der Gesandte habe in seinen Berichten ein irreführendes Bild von "Einigkeit" im Sudan gezeichnet. "Ohne diese Signale der Ermutigung hätte Rebellenführer Daglo nicht seine Militäraktionen begonnen", sagte al-Burhan.
Offiziell hat die sudanesische Regierung keine Autorität, Gesandte der Vereinten Nationen zu unerwünschten Personen zu erklären. Gemäß der Charta der Vereinten Nationen hat nur der UN-Generalsekretär die Befugnis, sein Personal zurückzuziehen, während UN-Mitgliedstaaten verpflichtet sind, UN-Beamte zu respektieren.
Guterres sprach daraufhin seinem Gesandten das "volle Vertrauen" aus. Anfang Juni verlängerte der UN-Sicherheitsrat das Mandat der von Perthes geleiteten UN-Mission im Sudan (Unitams) jedoch nur um sechs Monate. Zuvor war die im Juni 2020 eingesetzte Mission stets um zwölf Monate verlängert worden.
Seit Beginn der Kämpfe in dem nordostafrikanischen Land Mitte April wurden nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Acled mehr als 1.800 Menschen getötet. Laut der UNO wurden zwei Millionen Menschen durch die Gefechte in die Flucht getrieben. Die Vereinten Nationen schätzen, dass infolge der Kämpfe inzwischen rund 25 Millionen Menschen und damit mehr als die Hälfte der Bevölkerung auf Hilfe und Schutz angewiesen sind.
Erneute Waffenruhe im Sudan vereinbart
Die Konfliktparteien einigten sich am Freitag auf eine neue Waffenruhe. Das saudi-arabische Außenministerium teilte mit, die von Saudi-Arabien und den USA vermittelte "24-stündige landesweite Feuerpause" solle am Samstag um 6 Uhr in Kraft treten.
In den vergangenen Wochen waren wiederholt Waffenruhen vereinbart worden, die aber stets von beiden Seiten gebrochen wurden. Auch am Freitag tobten wieder Kämpfe. Nach Augenzeugenberichten lieferten sich Armeemitglieder und RSF-Kämpfer Gefechte an der Militäranlage Yarmuk in der Hauptstadt Khartum.
"Die Vermittler teilen die Frustration der sudanesischen Bevölkerung über die uneinheitliche Umsetzung vergangener Waffenruhen", hieß es in der Mitteilung vom Freitag. "Sollten die Parteien die 24-stündige Waffenruhe nicht einhalten, werden die Vermittler gezwungen sein, eine Vertagung der Gespräche in Jeddah in Betracht zu ziehen."
Am 20. Mai hatten sich Armee und RSF unter Vermittlung der USA und Saudi-Arabiens auf eine siebentägige Waffenruhe geeinigt, damit humanitäre Hilfe im Krisengebiet geleistet werden kann. Die Feuerpause wurde anschließend um fünf Tage verlängert. Die USA kündigten aufgrund der Verstöße Sanktionen an.
Die östlichen Stadtteile von Khartum wurden laut Berichten von Einwohnern am Freitag von Luftangriffen getroffen. Aus mehr als zehn Kilometern Entfernung seien Rauchsäulen zu sehen sowie die Geräusche von Luftabwehrgeschützen zu hören gewesen. Bereits in der Vornacht hatten Augenzeugen von enormem Lärm und dem Ausbruch eines Feuers nach einer Explosion in einer Ölanlage nahe Yarmuk berichtet. Demnach dauerten die Kämpfe dort bereits seit mehr als 48 Stunden an. (afp/dpa/the)
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