Ein Kommandeur der ukrainischen Spezialkräfte soll laut Recherchen des "Spiegel" und der "Washington Post" eine maßgebliche Rolle bei den Sprengstoff-Anschlägen auf die Erdgaspipelines Nord Stream 1 und 2 im September 2022 gespielt haben.

Mehr aktuelle News

Ukrainische und auch internationale Sicherheitskreise vermuteten, dass Roman Tscherwynsky die Anschläge "koordiniert" und das Sabotagekommando unterstützt habe, berichteten das Magazin und die US-Zeitung am Wochenende. Der 48-Jährige bestreitet demnach eine Beteiligung.

Insgesamt vier Explosionen hatten im September des vergangenen Jahres in den Wirtschaftszonen Schwedens und Dänemarks in der Ostsee mehrere Lecks in die Pipelines Nord Stream 1 und 2 gerissen, die für den Transport von russischem Gas nach Deutschland gebaut worden waren. Die Pipelines waren zum Zeitpunkt der Explosionen nicht in Betrieb, enthielten aber Gas.

Nord-Stream-Sprengung: Hinweise auf ukrainischen Täter hinter Detonationen

In den vergangenen Monaten verdichteten sich die Hinweise, dass ukrainische Täter hinter den Detonationen stehen könnten. Im Sommer hatten mehrere Medien berichtet, dass der niederländische Militärgeheimdienst bereits im Juni 2022 in einer Nachricht an die CIA vor den Anschlagsplänen gewarnt hatte.

Wie der niederländische Sender NOS im Juni berichtete, soll der ukrainische Oberbefehlshaber Waleryj Saluschnyj federführend mit der Aktion betraut gewesen sein. Präsident Wolodymyr Selenskyj sei nicht informiert gewesen. Saluschnyj bestritt später gegenüber der "Washington Post" jegliche Verwicklung.

Tscherwynsky soll den Recherchen von "Spiegel" und "Washington Post" zufolge nach Kriegsbeginn in einer Freiwilligeneinheit der ukrainischen Spezialkräfte gedient haben, "zuständig für heikle Operationen hinter feindlichen Linien und eingebunden in die militärischen Kommandostrukturen des Landes". Er gehörte demnach über viele Jahre den ukrainischen Geheimdiensten SBU und GUR an und zeichnete für besonders spektakuläre Aktionen verantwortlich.

Roman Tscherwynsky in Kiew vor Gericht

Derzeit stehe der 48-Jährige in Kiew vor Gericht, hieß es in dem Artikel weiter. Ihm werde vorgeworfen, beim Versuch, einen russischen Kampfjetpiloten zum Überlaufen zu bewegen, Kompetenzen überschritten zu haben. Tscherwynskys Unterstützer und sein Anwalt bezeichnen das Verfahren demnach als politisch motiviert: Der 48-Jährige habe zuvor deutliche Kritik an Präsident Selenskyj und dessen Umfeld geäußert.

Dass Tscherwynsky auch in den Angriff auf die Pipelines verwickelt sein soll, weist er laut "Spiegel" und "Washington Post" von sich. Auf Anfrage habe er über seinen Anwalt mitgeteilt, dass Hinweise auf seine mutmaßliche Beteiligung "russische Propaganda" seien. (AFP/pak)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.