Viele Menschen in Deutschland sehen den Staat laut einer Umfrage als zunehmend überfordert an. Der Befragung zufolge gehen nur noch 27 Prozent davon aus, dass der Staat in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen. Der Bundesvorsitzende der Beamtengewerkschaft dbb zeigt sich besorgt.
Viele Menschen in Deutschland betrachten den Staat als zunehmend überfordert. Einer am Dienstag veröffentlichen Befragung für die Beamtengewerkschaft dbb zufolge gehen nur noch 27 Prozent davon aus, dass der Staat in der Lage ist, seine Aufgaben etwa in der Bildungs-, Flüchtlings- oder Klimapolitik zu erfüllen. Damit sei das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit ihres Staates "auf einen neuen Tiefpunkt gesunken", erklärte dbb-Bundesvorsitzender Ulrich Silberbach. Das sei "alarmierend".
Insgesamt betrachten die Befragten nach dbb-Angaben die Aufrechterhaltung der sozialen Gerechtigkeit, die Verbesserung der Infrastruktur und Klimaschutz als wichtigste staatliche Aufgaben. Zwischen West und Ost gibt es Unterschiede.
Im Westen werden dabei Klimaschutz, Migrationsfragen und die Unterstützung der Ukraine als Prioritäten genannt. Im Osten sind dies laut Gewerkschaft in den Augen der Menschen eher die Entlastung der Bevölkerung von Inflationsfolgen, sozialer Ausgleich sowie Angleichung der Lebensverhältnisse in Stadt und Land.
Umfrage: 80 Prozent sehen "generelle Verrohung der Gesellschaft"
Silberbach zeigte sich insgesamt besorgt. "Besonders bedenklich" sei "die sich immer stärker abzeichnende Spaltung der Gesellschaft", erklärte der dbb-Chef zu den Ergebnissen der vom Institut Forsa erstellten Umfrage. "Die Gräben zwischen Ost und West, arm und reich, je nach Bildungsabschluss werden tiefer, und der gesellschaftliche Stresslevel steigt", fügte Silberbach in Berlin an.
80 Prozent der Befragten konstatieren demnach eine "generelle Verrohung der Gesellschaft". In diesem Zusammenhang warnte Silberbach auch vor zunehmender Aggressivität gegenüber Mitarbeitenden des öffentlichen Diensts. 54 Prozent von ihnen seien laut Forsa-Erhebung bereits beschimpft, bedroht oder sogar angegriffen worden, erklärte er. Dies sei ein "völlig inakzeptabler Wert".
Silberbach fordert Politik zum Handeln auf
Die Beschäftigten des öffentlichen Diensts zahlten dabei "die Zeche für den generellen Ansehensverlust des Staates", führte Silberbach weiter aus. Dies betreffe längst nicht nur den Bereich von Polizei und Rettungsdiensten, sondern auch Schulen, Jobcenter oder Bürgerämter. Die Politik müsse sich hinter die Mitarbeitenden des Staates stellen und sie "moralisch, materiell und organisatorisch angemessen" unterstützen. Dazu gehörten mehr Gelder für die Digitalisierung, mehr staatliche Serviceleistungen und weniger Bürokratie.
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) beklagte parallel eine zunehmende allgemeine Aggressivität und forderte darüber hinaus Investitionen in die Sicherheit von Polizistinnen und Polizisten. "Man muss feststellen, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in ihrem Alltag oftmals als Blitzableiter für Politikverdrossenheit und zunehmende Demokratieferne herhalten müssen", sagte GdP-Vizebundeschef Michael Mertens der "Rheinischen Post" (Mittwochsausgabe). (AFP/tas)
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