Im vergangenen Kitajahr meldeten Einrichtungen in mehr als 26.000 Fällen Unterbesetzungen. Die Recherche von CORRECTIV.Lokal ergab auch: Der Personalmangel hatte weitreichende Folgen. Kitas mussten außerplanmäßig schließen, Erzieherinnen waren überlastet oder erkrankten, das Risiko für Gewalt stieg.

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In Deutschland konnten im vergangenen Kitajahr tausende Kindergärten aufgrund von Personalmangel die vereinbarte Betreuung nicht sicherstellen. In mindestens 26.731 Fällen informierten Kitas die zuständigen Aufsichtsbehörden, dass zu wenige Erzieherinnen zur Arbeit kamen und deshalb formal das Kindeswohl als gefährdet galt. Diese Meldungen fragte CORRECTIV.Lokal bei den zuständigen Behörden ab, etwa den örtlichen Jugendämtern oder Landesjugendämtern.

Die Konsequenzen solcher Personalausfälle können weitreichend sein: Allein in Nordrhein-Westfalen mussten Kitas in 7.495 Fällen den Jugendämtern mitteilen, dass sie Gruppen oder die gesamte Einrichtung schließen mussten.

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Kitas bitten die Eltern, die Kinder früher abzuholen

Für die Recherche fragte CORRECTIV.Lokal gemeinsam mit FragDenStaat und Lokalmedien bundesweit die zuständigen Aufsichtsbehörden, wie häufig Kitas solche Personalmangel-Meldungen bei ihnen machten und welche Maßnahmen sie ergriffen. Ein weiteres Ergebnis: Viele Bundesländer haben keinen Überblick über die Meldungen, die bei ihnen eingingen.

Das hat weitreichende Folgen: Ohne eine realistische Einschätzung, wie häufig und wo Kitas ihren Personalschlüssel nicht einhalten können, ist es für die Politik schwierig, gezielt gegenzusteuern. Zudem zeigt die Recherche, dass nicht alle Kitas melden. Oftmals kürzen Kitas nicht offiziell ihre Öffnungszeit, bitten aber die Eltern, ihre Kinder früher abzuholen.

Wie ernsthaft die Situation ist, zeigt eine Umfrage von CORRECTIV.Lokal, an der sich mehr als 6.600 Eltern und Kita-Mitarbeitende beteiligt haben. Ihre Berichte zeichnen erstmals ein umfassendes Bild von den konkreten Folgen für Beschäftigte, Kinder und Eltern: Erzieherinnen müssen teilweise mehr als 20 Kleinkinder alleine betreuen. Kindern mit Behinderungen bleibt eine angemessene Förderung vorenthalten. Das Risiko von Gewalt steigt.

Sämtliche Ergebnisse der Recherche stehen auf der Internetseite http://kitanotstand.de/ online. Dort finden Menschen verschiedene Handlungsmöglichkeiten, wie sie zum Thema auf Verantwortliche in der Politik zugehen können und den Missstand in der eigenen Nachbarschaft – in Form einer Plakataktion – bekannt machen können.

Über CORRECTIV.Lokal

  • CORRECTIV.Lokal stärkt den Lokaljournalismus in Deutschland. Mehr als 1.600 Medienschaffende sind Teil des bundesweiten Netzwerkes. Sie werden bei Recherchen unterstützt, vernetzen sich und profitieren von vielfältigen Fortbildungen. Zusammen arbeiten sie an national relevanten Themen, die gleichzeitig die Menschen vor Ort betreffen. CORRECTIV.Lokal erhielt 2022 und 2023 den Grimme Online Award.
  • Die ausführliche Recherche können Sie auf correctiv.org lesen. Correctiv ist das erste spendenfinanzierte Recherchezentrum in Deutschland. Als vielfach ausgezeichnetes Medium steht Correctiv für investigativen Journalismus und Faktenchecks. Mehr dazu unter correctiv.org.
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