Robert F. Kennedy Jr., der Spross der Politiker-Dynastie, teilt den Namen mit einem Ex-Präsidenten – allerdings nicht die politischen Ansichten. Das schwarze Schaf der Familie will nun kandidieren, erinnert dabei aber eher an Donald Trump als "JFK".

Ein Porträt
Dieser Text enthält neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Lukas Weyell sowie ggf. von Expertinnen oder Experten. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Als Kennedy das letzte Mal unweit des Brandenburger Tors stand, hielt er eine Rede, in der er davon sprach, dass Berlin die "Front gegen den Totalitarismus" sei. Zehntausende Menschen jubelten dem weitgereisten US-Politiker zu. Es war der 29. August 2020. Auf der Bühne stand Robert F. Kennedy Jr. – nicht sein berühmter Onkel John F., der 1963 nur wenige Kilometer weiter vor dem Rathaus Schöneberg vor der Gefahr durch den Kommunismus warnte und die berühmten Worte sagte "Ich bin ein Berliner".

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Fast 60 Jahre später ist es sein Neffe, der dort auftritt, aber eine völlig andere Rede hält. Robert F. Kennedy Jr. erzählt davon, dass 5G-Funkmasten Krebsleiden verursachen würden und verbreitet widerlegte Falschinformationen über angeblich tödliche Folgen von Kinderschutzimpfungen. Er ist der gefeierte internationale Gast der bis dato größten Demonstration von Corona-Leugnern.

Ganz klar war damals nicht, wie er überhaupt einreisen konnte, wie "T-online" im Nachgang berichtete. Im Spätsommer 2020 war Hochphase der Pandemie und es galten Einreise-Verordnungen.

Dass er dem Staat nicht vertraut und dessen Regeln und Gesetze ebenso gerne ignoriert, machte Kennedy auch in seiner Rede deutlich. Der Neffe des ermordeten Ex-Präsidenten verbreitet seit geraumer Zeit gefährliche Verschwörungstheorien über geheime Machenschaften der Mächtigen. Ironisch dabei: Kaum einer ist mehr Teil des innersten Kreises der politischen Elite als der Nachfahre der Kennedy-Dynastie. Nun will er wie sein Onkel selbst US-Präsident werden.

Joe Bidens gefährlichster Konkurrent?

Dabei kann ihm sein berühmter Name durchaus behilflich sein. Laut Umfragen ist Kennedy der bisher beliebteste Herausforderer von Joe Biden bei den Demokraten. Zugegebenermaßen gibt es bislang nur zwei, die ihren Hut in den Ring geworfen haben, er und die Ratgeber-Autorin Marianne Williamson. Dass aber ein gemeinhin als Verschwörungstheoretiker bekannter Populist überhaupt eine Chance auf eine Kandidatur hat, zeigt die Schwäche des US-Präsidenten.

Die ist vor allem das Alter. Umfragen verweisen immer wieder darauf, dass die US-Amerikaner bezweifeln, dass der zu Amtsantritt 82-jährige Biden noch eine weitere Amtszeit durchhalten wird. Das weiß sein Herausforderer zu nutzen. Auf Twitter veröffentlicht der 12 Jahre jüngere Kennedy Videos, die ihn beim Fitness-Workout zeigen. Die Nachricht ist klar: "Ich bin fit fürs Amt – im Gegensatz zu Biden und Trump."

Ungeklärtes Verhältnis zu Donald Trump

Mit letzterem verbindet Kennedy dabei scheinbar mehr als mit seinem Parteikollegen Biden. So wollte Trump Kennedy 2017 zum Vorsitzenden einer Kommission machen, die den Zusammenhang zwischen Impfungen und Autismus untersuchen solle. Diese These ist längst widerlegt. Anderslautende Darstellungen haben sich als gefälscht herausgestellt, doch weder Trump noch Kennedy wollten das einsehen.

Seine Ansichten machten Robert F. Jr. zum schwarzen Schaf der Familie. Seine Schwester Kathleen Kennedy Townsend, sein Bruder Joe Kennedy II. und die Nichte Maeve Kennedy McKean distanzierten sich bereits 2019 öffentlich von ihrem Verwandten und erklärten: "Er ist Teil einer Desinformationskampagne mit herzzerreißenden – und tödlichen – Konsequenzen."

Es ist durchaus verwunderlich, dass Kennedy nun für die Partei seines Onkels und Vaters antritt. Die populistischen Ansichten klingen eher nach dem rechten Flügel der Republikaner und auch sonst wirkt Kennedy beim Vorwahlkampf der Demokraten eher wie ein trojanisches Pferd des Gegenlagers. 2021 zeigte sich der ehemalige Umwelt-Aktivist auf einem Foto posierend mit den Trump-Vertrauten und QAnon-Sympathisanten Roger Stone und Michael Flynn.

Welche Chancen hat Kennedy?

Ob Kennedy Jr. wirklich zur Gefahr für Joe Biden werden kann, wird sich in den ersten Vorwahlen zeigen. Bislang hat der prominente Sprössling lediglich zwei Millionen US-Dollar für den Wahlkampf-Etat zusammenbringen können. Vermutlich zu wenig und nur ein Bruchteil des Geldes, welches der amtierende US-Präsident für seinen Wahlkampf veranschlagt hat.

In den USA, in denen Wahlkämpfe nicht durch Parteien, sondern Einzelpersonen und Spenden finanziert werden, sind die "Fundraiser"-Events wichtig für die Aussichten auf eine offizielle Nominierung. Vielen wohlhabenden Spendern aus Gesellschaft und Wirtschaft werden Kennedys radikale Äußerungen und Verschwörungstheorien aber nicht gefallen haben. Einen hat er ganz sicher schon verschreckt. Bill Gates war eines der beliebtesten Ziele von Kennedys Anti-Impf-Tiraden. Bei ihm sollte er wohl lieber nicht klingeln, wenn ihm das Kleingeld ausgeht.

Verwendete Quellen:

  • T-online.de: Wie kam Impfgegner Robert F. Kennedy nach Deutschland?
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