Gut eine Woche vor der Präsidentenwahl brodelt es in ganz Brasilien. Tausende demonstrieren in den Städten gegen den rechtsextremen Kandidaten Jair Bolsonaro - der liegt in Umfragen trotzdem vorne.

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In rund einer Woche wählt Brasilien einen neuen Präsidenten. Der in Umfragen zunächst favorisierte Ex-Präsident Lula - Luiz Inácio Lula da Silva - hatte Mitte September seine Kandidatur zurückgezogen. Ob er überhaupt antreten hätte dürfen, war ohnehin unsicher: Er sitzt wegen Korruption in Haft.

Die besten Chancen hat nun der rechtsextreme Jair Bolsonaro. Er liegt in den Umfragen vorn. Dennoch werden die kritischen Stimmen gegen ihn lauter - in sozialen Medien wie auf den Straßen.

In den Städten demonstrieren Tausende Menschen, um gegen Bolsonaro mobil zu machen. Unter dem Titel "Ele não" (auf Deutsch: "Der nicht") hatten vor allem Frauenverbände zu Protesten gegen den Ex-Militär aufgerufen.

In den sozialen Netzwerken machten die Verbände gegen Bolsonaros rassistischen und frauenverachtenden Aussagen mobil. Weltweit engagieren sich Auslandsbrasilianer, um eine Wahl Bolsonaros zu verhindern. Auch in europäischen Städten wird demonstriert. Selbst der britische Schriftsteller und Komiker Stephen Fry setzt sich für die "Ele não"-Kampagne ein.

Bolsonaro ist dafür bekannt, dass er gegen Homosexuelle und Schwarze hetzt und die Militärdiktatur (1964-1985) verherrlicht. Immer wieder schockiert er mit verbalen Entgleisungen.

Einer Politikerin bescheinigte er einmal, sie habe es nicht verdient, vergewaltigt zu werden, "weil sie sehr hässlich ist". Ein anderes Mal sagte er, die Anhänger von Lulas linker Arbeiterpartei sollten erschossen werden.

In der Wirtschaftsmetropole São Paulo wurden für Samstagnachmittag mehrere Tausend Demonstranten erwartet. In der Hauptstadt Brasília mischten sich die Proteste mit einer Kundgebung des Präsidentschaftskandidaten der brasilianische Arbeiterpartei (PT), Fernando Haddad. Er trat an die Stelle von Ex-Präsident Lula da Silva.

Bolsonaro aus Krankenhaus entlassen

Bolsonaro, der kürzlich bei einem Messerangriff verletzt worden war, hat unterdessen das Krankenhaus verlassen. Der Präsidentschaftskandidat wollte nach einem Bericht der Tageszeitung "O Globo" am Samstag nach Rio de Janeiro fliegen, wo er wohnt.

Nach seiner Entlassung war zunächst noch unklar, ob der 63-Jährige in der letzten Woche vor den Wahlen öffentliche Auftritte wahrnehmen wird. Der Politiker war Anfang September während einer Wahlkampfveranstaltung in Südbrasilien auf offener Straße angegriffen worden.

Die Präsidentenwahl in Brasilien ist am 7. Oktober. Der Ex-Bürgermeister der Millionenstadt São Paulo Haddad lag in Umfragen bisher weit hinter dem rechtsextremen Kandidaten Bolsonaro. Der "Trump Brasiliens" mischt zwar schon lange im Politikbetrieb mit, präsentiert sich neuerdings aber als Anti-System-Kandidat.

Erreicht keiner der Kandidaten in der ersten Wahlrunde die absolute Mehrheit, gibt es am 28. Oktober eine Stichwahl. (ank/dpa)

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