Zwei Tage nach der Wahl in Pakistan ringen sowohl Ex-Premierminister Nawaz Sharif als auch die Partei des inhaftierten ehemaligen Premierministers Imran Khan um den Sieg. Laut vorläufigen Ergebnissen der Wahlkommission vom Samstag landete das Lager der unabhängigen Kandidaten, von denen ein Großteil von Khans Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) unterstützt wurde, überraschend mit 99 Sitzen in der Nationalversammlung vorn. Dahinter lag demnach Sharifs konservative Partei Muslimliga-Nawaz (PML-N) mit 71 Sitzen.

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PPP schneidet besser ab als erwartet

Die Pakistanische Volkspartei (PPP) schnitt den Angaben zufolge mit 53 Sitzen besser als erwartet ab, weitere Sitze verteilten sich auf kleinere Parteien. 15 der 266 Sitze im Parlament, die bei der Wahl neu besetzt wurden, müssen noch vergeben werden. Da keines der drei Lager auf die absolute Mehrheit kommt, müssen nun Koalitionen gefunden werden.

Ex-Premier Sharif reklamierte bereits den Wahlsieg für sich und rief andere Parteien zu Koalitionsgesprächen auf. "Wir haben keine ausreichende Mehrheit, um die Regierung selbst zu führen", sagte er vor Unterstützern in der Parteizentrale in Lahore. Berichten zufolge trafen bereits am späten Freitagabend führende Vertreter mehrerer Parteien zu Gesprächen in der Parteizentrale ein.

Der 74-jährige Sharif genießt nach Einschätzung von Wahlbeobachtern die Unterstützung des Militärs. Die erfolgreiche Bildung einer Regierung würde dem Politiker, der erst im vergangenen Jahr nach jahrelangem Exil in London in sein Heimatland zurückkehrte, eine vierte Amtszeit als Premierminister bescheren.

KI-Aufnahme: Khan gratuliert zum Sieg

Die PTI veröffentlichte im Onlinedienst X (vormals Twitter) ein mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) generiertes Video, in dem auch der derzeit inhaftierte Khan den Sieg für seine Partei beansprucht. "Ich gratuliere euch allen zum Sieg bei den Wahlen 2024", sagte ein mit KI-erzeugter Khan in der Aufnahme. Seine Partei habe "laut unabhängigen Quellen" 150 Sitze in der Nationalversammlung gewonnen, bevor die Wahlmanipulation begonnen habe.

Weil die PTI von der Wahl ausgeschlossen worden war, mussten ihre Kandidaten als Unabhängige antreten. Die Kandidaten können innerhalb von 72 Stunden nach dem Sieg ihre Zugehörigkeit zu einer beliebigen Partei benennen.

Pakistans Militärchef Syed Asim Munir forderte unterdessen ein Ende der politischen Polarisierung. Die Nation brauche "stabile Hände", um "die Politik der Anarchie und Polarisierung zu überwinden", sagte er laut einer Erklärung des Militärs.

Massive Verzögerung bei Auszählung der Stimmen

Der Wahlkampf war von Gewalt, der Inhaftierung Khans und der Behinderung seiner Partei PTI durch das vom Militär geführte Establishment überschattet worden. Der populäre Ex-Regierungschef und frühere Cricket-Star war in der vergangenen Woche wegen Hochverrats, Bestechung sowie einer illegalen Ehe zu langen Haftstrafen verurteilt worden und sitzt im Gefängnis.

Nach der Wahl am Donnerstag hatte sich die Auszählung der Stimmen massiv verzögert, was die Vorwürfe der Wahlmanipulation verstärkte. Die Wahlkommission nannte "Internetprobleme" als Grund für die Verzögerung der Bekanntgabe der Ergebnisse.

Einen Tag vor der Wahl war Pakistan von zwei tödlichen Bombenanschlägen vor den Büros von Kandidaten im Südwesten des Landes erschüttert worden, zu denen sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannte. Am Freitag wurden bei Protesten gegen angebliche Wahlmanipulation in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa zwei Anhänger der PTI getötet und mehr als 20 weitere verletzt.

Die Atommacht Pakistan ist mit 240 Millionen Menschen das fünftbevölkerungsreichste Land der Welt. Das asiatische Land steckt wirtschaftlich in der Krise.


  © AFP

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