Rund einen Monat nach der Ankündigung der Militärjunta in Myanmar, ein bisher inaktives Gesetz zur Wehrpflicht durchzusetzen, bereiten die Streitkräfte aktiv Pflichtrekrutierungen vor. Von der Junta entsandte Teams seien dabei, in Großstädten wie Yangon (früher Rangun) und der Hauptstadt Naypyidaw sowie in vielen kleineren Ortschaften Daten über mögliche Rekruten und Rekrutinnen zu sammeln, berichteten lokale Quellen und örtliche Medien. "Gestern haben sie damit begonnen, die Wehrpflichtformulare im Verwaltungsbüro unseres Stadtteils zu verteilen", sagte Tayza, ein Mann aus Yangon, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

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Viele Eltern verhandelten derzeit mit den zuständigen Beamten, um zu verhindern, dass ihre Söhne und Töchter zum Militärdienst eingezogen werden, fügte er hinzu. "Aber sie müssen Geld dafür bezahlen." Für die zuständigen Militärs sei dies die Chance, Geld von der Zivilbevölkerung zu erpressen, sagte auch Lin Ko aus North Dagon im Osten von Yangon. "Denn die Eltern wissen, dass ihre Söhne getötet werden." Diejenigen, die nicht zahlen könnten, hätten das Nachsehen, berichtete die Nachrichtenagentur Khit Thit Media. In sozialen Medien teilten zahlreiche Betroffene ihr Ängste.

Die Junta hatte die Pflichtrekrutierung am 10. Februar verkündet. Das seit einem Putsch im Februar 2021 brutal regierende Militär musste zuletzt im Kampf gegen zahlreiche Guerilla-Gruppen teils schwere Verluste hinnehmen und gilt als geschwächt.

Männer im Alter zwischen 18 und 45 Jahren und Frauen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren sollen für mindestens zwei Jahre zum Wehrdienst eingezogen werden. Angehörige bestimmter Berufsgruppen wie Ärzte und Ingenieure müssen sogar drei Jahre zum Militär. Laut Gesetz kann der Wehrdienst auch auf fünf Jahre verlängert werden. Wer sich weigert, dem droht eine Haftstrafe.

Die Ankündigung hatte in dem Krisenland umgehend eine Flüchtlingswelle ausgelöst. Zehntausende vor allem junge Menschen versuchen seither, ihre Heimat zu verlassen - speziell in Richtung Thailand. Vor der Visastelle der thailändischen Botschaft in Yangon und anderen Behörden bilden sich seit Wochen lange Warteschlangen. In Mandalay waren im Februar bei einer Massenpanik vor dem Passamt zwei Frauen ums Leben gekommen. Viele andere versuchen, illegal in das Nachbarland zu gelangen.

Nach Angaben des Militärs betrifft das Gesetz etwa 14 Millionen Bürger und Bürgerinnen: 6,3 Millionen Männer und 7,7 Millionen Frauen. Insgesamt hat das frühere Birma etwa 55 Millionen Einwohner.


  © dpa

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