Am Montag stellte die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) ihren Jahresbericht für 2023 in Berlin vor. Im vergangenen Jahr wurden deutschlandweit 1233 antiziganistische Vorfälle erfasst. Das sind doppelt so viele wie noch 2022.
Die Zahl der erfassten Angriffe, Bedrohungen und Diskriminierungen Sinti und Roma betreffend hat sich 2023 im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Dies geht aus dem zweiten Jahresbericht der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) hervor, der am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach wurden 2023 bundesweit 1233 antiziganistische Vorfälle erfasst - im Vorjahr waren es noch 621.
Der Meldestelle zufolge bedeutet der Anstieg aber nicht zwingend, dass Antiziganismus zugenommen hat; er lässt sich auch durch einen wachsenden Bekanntheitsgrad der Meldestelle erklären. Nach wie vor sei aber von einem großen Dunkelfeld auszugehen, sagte der MIA-Vorstandsvorsitzende Silas Kropf. Dieses gelte es in den nächsten Jahren weiter zu erhellen.
Zehn Fälle extremer Gewalt registriert
Bei 600 und damit einem Großteil der registrierten Vorfälle handelte es sich um verbale Stereotypisierungen. Verzeichnet wurden zudem 502 Diskriminierungen, 46 Bedrohungen, 40 Angriffe, 27 Sachbeschädigungen und zehn Fälle extremer Gewalt.
Zu den Fällen kam es laut Kropf oft "im nahen Umfeld" der Betroffenen: 212 ereigneten sich in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen, 177 im Wohnkontext und 176 im Umgang mit staatlichen Behörden. Besonders bei Auslanderbehörden und Jobcentern sehen sich Sinti und Roma demnach mit ungerechtfertigten Maßnahmen oder antiziganistischen Äußerungen konfrontiert.
Auch Polizeikräfte an Vorfällen beteiligt
Ein Schwerpunkt des aktuellen Berichts liegt auf Antiziganismus in der Polizei. Bei 83 der 1233 gemeldeten Vorfälle waren demnach Polizeikräfte beteiligt - eine deutliche Steigerung im Vergleich zu 34 Fällen 2022. Zudem ging die extreme Gewalt in drei der zehn registrierten Fällen von Polizistinnen und Polizisten aus.
Der Bericht zeige, dass dringender Handlungsbedarf bestehe, sagte Kropf. Er forderte die Innenministerien und die Polizeibehörden auf, tiefgreifende Maßnahmen zu treffen, um dem Antiziganismus bei der Polizei entgegen zu treten. Es müsse zudem ein bundesweites Netz an Beratungsstellen aufgebaut werden.
Vertreter der Sinti und Roma: "dramatische Entwicklung"
Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, sprach bei der Vorstellung des Berichts von "einer dramatischen Entwicklung". Die Politik müsse dieser Aufmerksamkeit schenken und entsprechend handeln - "sie darf nicht schweigen".
Die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus hat nach einem Bundestagsbeschluss im Oktober 2021 ihre Arbeit aufgenommen. Vorfälle - auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze - können ihr online, per Mail oder Telefon vertraulich gemeldet werden. (afp/jos)
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