Knapp ein Fünftel der wohnungslosen Menschen in Deutschland ist unter 25 Jahren, das ist das Ergebnis eines neuen Berichts der Hilfsdienste. Auffällig: Eine Vielzahl der Betroffenen ist weiblich.

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Der diesjährige Statistikbericht der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) zeigt die Lage junger Menschen ohne Wohnung: 16 Prozent der unter 18-Jährigen, die von den Diensten der Wohnungslosenhilfe registriert werden, verbringen ihre Nächte auf der Straße und jugendliche und heranwachsende Wohnungs- und Obdachlose sind häufig weiblich. Häufiger als bei den älteren Jahrgängen. Das berichtet der "Spiegel", dem der Bericht vorab vorlag.

Junge Frauen häufiger betroffen als ältere

In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt des Berichtes auf der besonderen Situation von jungen Menschen ohne Wohnung. Die Anzahl der Betroffenen sei nach wie vor hoch, heißt es in dem Artikel. Konkret bedeutet das in Zahlen:

  • 19 Prozent der Wohnungslosen, also knapp ein Fünftel, sind jünger als 25 Jahre
  • 38 Prozent der unter 18-jährigen Wohnungslosen sind weiblich, bei den 18- bis 20-Jährigen sind es 40 Prozent. Ab der Gruppe der 25-Jährigen sinkt der Anteil der betroffenen Frauen.

Was ist der Unterschied zwischen Wohnungs- und Obdachlosigkeit?

  • Nicht jeder, der wohnungslos ist, muss obdachlos sein. Wohnungslosigkeit bedeutet, dass Menschen über keinen eigenen, vertraglich abgesicherten Wohnraum verfügen. Meistens leben Menschen ohne eigene Wohnung aber nicht auf der Straße, sondern kommen bei Freunden und Verwandten unter. Obdachlosigkeit bedeutet, keine Unterkunft für die Nacht zu haben.

Die meisten wohnungslosen Jugendlichen kommen laut des Berichts bei Bekannten unter. Zwar gebe die Statistik selbst keine Auskunft darüber, warum Frauen in der Gruppe der jungen Wohnungslosen im Vergleich zu älteren Jahrgängen überrepräsentiert sind. Die Autoren des Berichts stellen aber die Thesen auf, dass weibliche Jugendliche früher das Elternhaus verlassen und schneller Hilfe bei entsprechenden Diensten suchen. Ein weiterer Punkt: Frauen sind häufiger von häuslicher Gewalt und Missbrauch betroffen.

Das könnte ein Grund für sie sein, ihr Zuhause zu verlassen. BAG-W-Geschäftsführerin Sabine Bösing verweist gegenüber dem "Spiegel" auf eine Umfrage in den Einrichtungen im Jahr 2020: "Die Fachkräfte in unseren Hilfseinrichtungen schätzen, dass 70 bis 80 Prozent der Frauen in Wohnungsnot bereits Gewalterfahrungen gemacht haben." Auch die Wohnungen von Bekannten könnten aus Sicht Bösings für Frauen und Mädchen gefährlich werden. "Hier stellt sich auch die Frage, ob Gegenleistungen dafür erwartet werden", sagt sie der Zeitung. Eine Vielzahl der jungen Wohnungslosen verfüge nicht über Einkünfte.

Bericht spiegelt Situation von 2022 wider

Dem Dachverband gehören die meisten sozialen Dienste und Verbände an, die sich um Wohnungslose kümmern. Bei den Berichten handelt es sich zwar nicht um repräsentative Umfragen, dennoch sind sie aussagekräftig. Gemeinsam betreuen die Dienste zehntausende Klienten, deren Daten sie anonymisiert erfassen. Der diesjährige Bericht geht auf die Situation der Menschen ein, die diese Dienste 2022 in Anspruch genommen haben.

Mit Jugendhilfe, Jobcenter und Wohnungsnotfallhilfe sind gleich drei Hilfesysteme in Deutschland für die Belange von jungen Menschen in Wohnungsnot zuständig. Genau hier liegt aus Sicht der Experten das Problem: Einige fallen zwischen den Schnittstellen durchs System. Was es brauche, sei mehr Vernetzung. (ras)

Verwendete Quellen

  • Spiegel.de: "Jung, weiblich, wohnungslos" (kostenpflichtig)Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels wurde berichtet, dass Frauen in der Gruppe der jugendlichen und jungen erwachsenen Wohnungslosen überrepräsentiert sind, da sie in älteren Altersgruppen seltener betroffen sind. Da die Formulierung missverstanden werden konnte, haben wir sie geändert. Nun heißt es: Frauen sind in der Gruppe der jungen Wohnungslosen im Vergleich zu älteren Jahrgängen überrepräsentiert.

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