- Schon im Spätsommer sind in den Supermärkten die Verkaufstische mit Lebkuchen und anderem Weihnachtsgebäck zu sehen.
- War das schon immer so – und startet die Lebkuchensaison wirklich jedes Jahr früher?
- Zwei Experten erklären, was es mit dem Mythos auf sich hat.
Der Sommer ist noch nicht richtig zu Ende, da schleichen sich schon die ersten Lebkuchen in die Supermarkt-Regale. Die einen freuen sich, die anderen fragen sich: Was, jetzt schon? War das letztes Jahr nicht später? Tatsächlich startet immer im Spätsommer der traditionelle Verkaufsstart für das Weihnachtsgebäck. Und warum? Weil wir Kunden darauf warten.
"Spritzgebäck oder Lebkuchen werden von zahlreichen Konsumenten bereits in den Herbstmonaten nachgefragt", sagt Christian Böttcher, Sprecher des Handelsverbands Lebensmittel (BVLH). "Die Händler berichten von guten Abverkäufen bereits im September. Der Lebensmittelhändler wäre daher kein guter Kaufmann, wenn er diese Nachfrage nicht bedienen würde."
Die ersten Lieferungen des sogenannten "Herbstgebäcks" wie Spritzgebäck, Lebkuchen und Spekulatius finden in der Regel Ende August statt. Im Einzelhandel entdeckt sie der Kunde dann im September. "Dominosteine und erst recht Schokoartikel in weihnachtlichen Formen und mit weihnachtlichen Motiven werden verstärkt ab Mitte Oktober gehandelt", sagt Böttcher.
Es ist nicht jedes Jahr "noch früher"
Dabei bestimmt die Nachfrage das Angebot: "Mittlerweile ist dieser Zeitraum schon fast so etwas wie ein traditioneller Verkaufsstart, auf den viele Kunden tatsächlich warten", sagt Christian Böttcher.
"Im Gegensatz zur landläufigen Behauptung findet diese Saisoneröffnung nicht jedes Jahr früher statt, sondern immer zum selben Zeitpunkt – nämlich Ende August/Anfang September."
Bei einem bekannten Nürnberger Lebkuchenhersteller, der seine Produkte selbst an den Kunden liefert, gibt es ebenfalls ein festes Startdatum: "Auch wenn wir ganzjährig Lebkuchen verkaufen, vor allem ins Ausland, starten wir seit vielen Jahrzehnten offiziell immer am ersten September-Wochenende in die Saison", sagt Andreas Hock, Sprecher von Lebkuchen-Schmidt aus Nürnberg.
Der Start der Lebkuchensaison war jedoch nicht immer im September. Denn blickt man auf den Ursprung der Lebkuchenherstellung, fand dieser nicht nur zur Weihnachtszeit statt: "Der Lebkuchen war ursprünglich überhaupt kein Weihnachtsgebäck, sondern wurde ganzjährig zu besonderen Anlässen gebacken", erklärt Hock.
Heute bestimmt aber eher das Wetter den Lebkuchengenuss. Hock erläutert: "Wenn die letzten Sommertage eher kühler sind, bekommen die Menschen schneller Lust auf Lebkuchen. Generell verzeichnen wir aber natürlich die stärksten Umsätze in den Monaten November und Dezember – das gilt aber nicht fürs Ausland."
Ganzjährige Nachfrage nach Lebkuchen aus dem Ausland
Dort herrscht ganzjährige Lebkuchenlaune, erklärt Andreas Hock. "In den USA, Osteuropa oder Asien bleibt die Nachfrage beinahe das gesamte Jahr über gleich hoch. Es kann also durchaus vorkommen, dass wir im Juli ein Lebkuchenpaket nach Hawaii schicken."
Einzelhandel und Lebkuchen-Hersteller nehmen die kritischen Stimmen zum "immer früheren" Verkaufsstart der Lebkuchen vor allem in den Medien wahr. Andreas Hock: "Die 'kritischen‘' Rückmeldungen kommen eher von der Presse, die jährlich dieselbe Geschichte von der angeblich immer früheren Lebkuchenzeit erzählen will. Wir dagegen bekommen sogar Dankesbriefe von Leuten, die sich jedes Mal total auf den ersten Bissen gefreut haben."
Im Einzelhandel hat aber nicht nur die Presse Einwände gegen den frühen Verkauf der Lebkuchen, sagt Christian Böttcher vom Handelsverband Lebensmittel: "Auch kirchliche Organisationen gehören dazu, für die Spekulatius und Co. vor allem in die Adventszeit gehören."
Und: "Es ist eben nur ein Angebot, das man zum aktuellen Zeitpunkt auch ablehnen kann, indem man zu Spritzgebäck, Lebkuchen oder Dominosteinen greift, wenn man meint, dass die Zeit dafür gekommen ist. Das Angebot ist dann, zum Beispiel in der Adventszeit, immer noch groß genug."
Lesen Sie auch: Weihnachtsplätzchen, Lebkuchen und Co.: Zu viel Zimt kann Kindern schaden
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.