Beim Birdwatching beobachtet man Vögel dort, wo sie leben oder wo sie während des Zugs rasten. Wir ziehen mit dem Wohnmobil den Vögeln hinterher, zu ungewöhnlichen Naturschauspielen in Dänemark, Portugal und Deutschland.

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Vögel beobachten und dabei die schönsten Naturlandschaften Europas entdecken – eine Kombination, die sich besonders beim Birdwatching mit dem Wohnmobil anbietet. Von den beeindruckenden Starenschwärmen der "Sort sol" in Dänemark über die Kornweihen am Federsee bis zu den majestätischen Greifvögeln an der Algarve: Wer mit Fernglas und Kamera unterwegs ist, erlebt faszinierende Naturschauspiele hautnah. Unsere Reise führt zu den besten Orten für Vogelbeobachtung und zeigt, wo sich Übernachten mit dem Camper lohnt. In den weiten Marschlandschaften Südjütlands verdunkeln tausende Stare den Himmel, während am Federsee im Winter Kornweihen aus dem Norden einfliegen. An Portugals Küste wiederum versammeln sich Zugvögel vor dem großen Sprung über den Atlantik – ein Spektakel, das jährlich Birdwatcher aus aller Welt anzieht. Drei Regionen, drei völlig unterschiedliche Erlebnisse – aber immer unvergessliche Naturmomente.

1. Dänemark: Schwarze Sonne in Jütland

Unsere Birdwatching-Tour zur "Sort sol" (schwarze Sonne) führt uns ins größte Schwemmland-Gebiet Dänemarks. Die Tøndermarsk ist eine ganz besondere Landschaft und ein Paradies für Vögel. Das malerische Rudbøl (Ruttebüll), wo wir stehen bleiben, ist nur einen Katzensprung von der deutschen Grenze entfernt. Hier ist immer etwas los – zumindest was Vögel angeht. Im Herbst und Frühjahr sammeln sich riesige Schwärme von Staren auf dem Flug in den Süden. Dabei fliegen sie dicht nebeneinander in immer wieder neuen Formationen, um ihre Feinde zu verwirren.

Das Phänomen "schwarze Sonne" spielt sich beim Sonnenaufgang und -untergang ab, wenn tausende von Vögeln die Sonne verdunkeln. Die Energie der unzähligen Vögel, die über Rudbøl hinwegschwirren, ist fast greifbar, die Luft wie aufgeladen. Die Bäume, auf denen sich die Vögel für die Nacht niederlassen, scheinen kurz zum Leben zu erwachen. Es zwitschert aus allen Himmelsrichtungen, bis es plötzlich still wird und die Vögel spätestens am nächsten Morgen so unerwartet auffliegen, wie sie gekommen sind. Nur ihre weißen Hinterlassenschaften beweisen, dass das Schauspiel kein Traum war. Aber auch sonst gibt es viel zu beobachten.

Das Wattenmeer ist das weltweit größte zusammenhängende Gezeitensystem. Die Wattflächen, die zweimal am Tag trockengelegt werden, bieten Nahrung für Millionen von Vögeln. Hier kann man Rohrweihen, Rohrdommeln, Bartmeisen und vereinzelt auch Trauerseeschwalben beobachten. Der Austernfischer ist mit seinem lauten "Quiéwiehps" allgegenwärtig. Der schwarze Brachvogel mit der weißen Unterseite und dem langen, roten Schnabel frisst Muscheln, Würmer und Krebse.

In Rudbøl werden geführte Touren zur Sort sol angeboten. Auch sonst lohnt eine Tour durch das südliche Jütland. Die Orte Højer und Tønder verzaubern mit ihren kleinen Häuschen und engen Gassen. Ein zehn Kilometer langer Damm führt nach Rømø, der Nachbarinsel von Sylt. Es gibt kilometerlange Sandstrände, die teils frei zugänglich für Autos und Wohnmobile sind. Übernachten ist zwar verboten, aber zum Frühstück lohnt es sich herzukommen. Auf Mandø, der einzigen Gezeiteninsel Dänemarks, geht es offroad, und zwar auf der "Ebbe-Straße", einem Weg über den Meeresboden, der beim Rückgang des Wassers freigelegt wird. Je nach Gezeitenstand fahren Traktorbusse die Gäste zwischen Festland und Insel hin und her, und die Fahrt ist ein Erlebnis.

Übernachten: Rudbøl Camping

Größere und komfortablere Anlagen liegen an der Küste und vor allem auf der nahen Insel Rømø.

2. Portugal: Zugvögel an der Algarve

Am südwestlichsten Punkt Europas verläuft eine Hauptroute für Zugvögel, die weiter nach Afrika fliegen und den Atlantik überqueren müssen. Im portugiesischen Sagres ist das sogar Anlass für ein großes Event. Das "Festival de Observação de Aves" (Festival der Vogelbeobachtung) zieht jedes Jahr am ersten Oktober-Wochenende internationale Gäste an. Das Programm ist vielfältig und bietet an den Festivaltagen über 200 Aktivitäten, die meist kostenlos sind. Anmelden kann man sich vorab übers Internet. In Sagres hängen an diesen Tagen Listen mit Vogelarten aus, die beobachtet wurden.

Schon zum Sonnenaufgang trifft man sich an den Stränden für die ersten Observationen, und auch tagsüber sind überall Birdwatcher unterwegs. Erst nach Sonnenuntergang kehren die Vogelliebhaber in die Stadt zurück. Die wichtigsten Beobachtungspunkte sind ausgeschildert. Daher ist man hier nie allein, und es haben immer einige Gleichgesinnte ihre Objektive aufgebaut. Viele Birdwatcher führen eigene "Lifelists", wo eingetragen wird, was alles vorbeifliegt.

Es kommt immer wieder zu Diskussionen über die Vögel in der Luft und deren genaue Bezeichnung. Man sieht seltene oder vom Aussterben bedrohte Arten wie den Iberischen Kaiseradler, Zwergadler, Gänsegeier, Schwarzstörche und verschiedene Schwalbenarten. Glückliche Birdwatcher freuen sich über mehrere hundert Vögel auf ihrer "Lifelist". Immer, wenn sich etwas am Himmel bewegt, drehen sich alle in die gleiche Richtung – in der Hoffnung auf einen besonderen Vogel.

Der Herbst gilt zwar als ideale Zeit zur Vogelbeobachtung rund um Sagres, doch auch im Frühjahr machen hier viele Zugvögel Station. Darüber hinaus sind die Landschaften an der Algarve mit ihren Felsklippen und Feuchtgebieten ganzjährig eine Heimat für über 250 Vogelarten. Nicht verpassen sollte man außerdem den Sonnenuntergang am Cabo de São Vicente, dem südwestlichsten Punkt Europas. Hier gibt es seit 1996 den Kultstand eines deutschen Auswanderers mit der "letzten Bratwurst vor Amerika".

Allein die spektakulären Strände rund um Sagres sind eine Reise wert. Anspruchsvolle Wanderungen führen rund um das Kap, und am kleinen Hafen von Sagres starten Touren zu Delfin- und Walbeobachtungen. Im Frühjahr ziehen vor allem Finnwale und Buckelwale vor der Küste vorbei.

Übernachten: Orbitur Sagres

Der nächste Strand ist von hier aus rund 3 Kilometer entfernt. Vor dem Parkplatz am Restaurante Mar à Vista in Sagres stehen immer zahlreiche Wohnmobile. Freies Übernachten ist in der Region nicht erlaubt.

3. Deutschland: Kornweihen in Oberschwaben


Der oberschwäbische Federsee ist der bedeutendste Überwinterungsplatz für Kornweihen im südlichen Mitteleuropa. Die habichtartigen Greifvögel brauchen Feuchtflächen wie Sümpfe oder Moore mit offenen Landschaften. Ihre Lebensräume schrumpfen, weshalb sie in Deutschland kaum mehr brüten und fast ausgestorben sind. Als Wintergast oder Durchzügler aus den skandinavischen und nordosteuropäischen Ländern kann man sie allerdings im Winter am Federsee beobachten.

Direkt am Federseeweg in Bad Buchau gibt es die Möglichkeit, mit dem Wohnmobil zu parken und zu übernachten. Am Ende eines Stegs, der im Winter kostenlos begehbar ist, gibt es einen erhöhten Beobachtungspunkt. "Hier hat man gute Chancen, die Kornweihen abends einfliegen zu sehen", weiß Kerstin Wernicke vom NABU-Naturschutzzentrum Federsee. Die Kornweihen gehen tagsüber rund um den See auf Futtersuche.

Teilweise bis zu 100 Tiere finden sich abends unter den Bäumen gegenüber vom Ausguck ein. Wichtig ist, dass ihre Schlafplätze am Boden von Schilf und Gräsern verdeckt sind. Daher sieht man sie auch nur während des Anflugs. Die Männchen sind grau mit schwarzen Flügelspitzen, die Weibchen braun. Es bleibt meist nur ein kurzer Augenblick, in dem man die Vögel sieht. Aber immer ist es eine einmalige Gelegenheit, im Hier und Jetzt.

Auf der hölzernen Terrasse ist es kalt, langsam wird der wolkenlose Himmel dunkler – die blaue Stunde bricht an. Es liegt eine magische Stimmung über dem See, auf dem noch ein paar Enten unterwegs sind. Inzwischen haben sich einige Birdwatcher auf dem Aussichtspunkt eingefunden. Alle suchen mit Ferngläsern den Himmel ab. So langsam müssten sie doch kommen. Tatsächlich tauchen plötzlich ein paar vereinzelte Punkte am Himmel auf, zu weit weg, um genau zu erkennen, ob es die erwarteten Kornweihen sind. "Nach den starken Schneefällen der letzten Wochen sind zahlreiche Vögel in wärmere Gebiete wie den Bodensee geflogen", sagt die Vogelexpertin. Der Schnee erschwert die Nahrungssuche der Greifvögel und drückt das Grün rund um die Schlafplätze platt.

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Wir erfreuen uns am Anblick der Enten, Haubentaucher und des Graureihers vor uns im Schilf. Etwas Glück und viel Geduld ist nötig, um zwischen November und März die Kornweihen – kurz nach Sonnenuntergang und am frühen Morgen – vom Beobachtungspunkt des Stegs zu sehen. Am See gibt es auch einen Moorlehrpfad. Auf dem Federsee-Rundweg geht es rund 16 Kilometer direkt an der Naturschutzgebietsgrenze entlang und rund um den See. Das Federsee-Museum mit seinen Pfahlbauten ist im Winter nur an den Wochenenden geöffnet.


Übernachten:

Wohnmobilstellplatz Seegasse

Wohnmobilstellplatz beim Federseemuseum

Wohnmobilstellplatz am Kurpark  © Promobil

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