Vorhölle, Nahtoderfahrungen und der Teufel im weißen Kittel. In dem neuen "Tatort" aus Münster geht es dieses Mal ziemlich experimentell zu. Fünf Fragen und deren Antworten zu dem neuen Fall von Boerne und Thiel.

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In ihrem letzten Fall wandelten Professor Boerne und Kommissar Thiel durch die Vorhölle. Ob ihre Erfahrungen wissenschaftlich belegbar sind und wer der neue Kommissar im Münsteraner "Tatort" ist, erfahren Sie hier.

"Tatort" aus Münster: Was ist der Limbus?

Der Limbus (lateinisch "Saum") ist eine Erfindung katholischer Theologen des Mittelalters. Ursprünglich ging es darum, einen Platz im Jenseits für die Seelen unschuldiger Sünder zu finden – Kinder vor allem, die einfach nur noch nicht getauft waren und gemäß dem katholischen Glauben demnach in der Hölle landen würden.

Später wurden auch die Figuren des Alten Testaments dazugerechnet. Anders als die deutsche Bezeichnung "Vorhölle" suggeriert, wird im Limbus niemand gequält (auch nicht mit Fernsehbildern eines Karnevalsumzugs wie im "Tatort").

Die Strafe liegt eher in der fehlenden Hoffnung auf Erlösung: Der Limbus ist eine von rastlosen und sehnsüchtigen Seelen erfüllte Sphäre. Ihre Vorstellung in der westlichen Kultur hat vor allem der italienische Dichter Dante (1265–1321) mit seiner Beschreibung des Limbus in seinem Hauptwerk "Die Göttliche Komödie" geprägt.

Was hat es mit Nahtoderfahrungen auf sich?

Er habe für sein Schreibprojekt zu viele Bücher über den Tod gelesen, jetzt liege er im Krankenhausbett und seine "verwirrten Synapsen" feuerten Blödsinn, erklärt sich Karl-Friedrich Boerne seinen Besuch im Limbus.

Seine Erklärung und sein Erlebnis fasst die wissenschaftliche Erklärung für sogenannte Nahtoderfahrungen (NTE), bei denen Menschen das Gefühl haben, sich von ihrem Körper zu lösen und einen distanzierten Blick auf die Welt und/oder das Leben nach dem Tod zu bekommen, ziemlich gut zusammen.

Sie wird oft von den Vorstellungen der Betroffenen bestimmt, die sie sich vom Jenseits machen, zum Beispiel aufgrund ihrer Religion und ist auch vom Kulturkreis abhängig, aus dem sie stammen.

Es ist also nur logisch, dass sich Thiel, zu dem Boerne eine Hassliebe pflegt und den er für eine unkultivierte Beamtenseele hält, in Boernes Jenseitsvorstellung in den Empfangschef einer Vorhölle verwandelt.

Gibt es wissenschaftliche Beweise?

Es gibt Versuche, eine NTE medizinisch zu erklären. Zum Beispiel mit den chemischen Reaktionen, die in einem traumatisierten oder sterbenden Gehirn vor sich gehen, etwa aufgrund von Sauerstoffmangel oder einer problematischen Betäubung.

Die Untersuchung von Nahtoderfahrungen ist seit den Veröffentlichungen des amerikanischen Psychologen Richard Moody 1975 ein interdisziplinäres Forschungsgebiet mit Schwerpunkt in Amerika. 1981 wurde dort der Fachverband "International Association for Near-Death Studies" (IANDS) gegründet, zu dem in Deutschland das Netzwerk Nahtoderfahrung e.V. gehört.

2009 erschien das NTE-Handbuch "The Handbook of Near-Death Experiences", das 30 Jahre weltweiter Forschung versammelt und von 3.500 Menschen berichtet, deren Erlebnisse zum Material für rund 600 Studien wurden.

Naturgemäß sind sie jedoch umstritten, selbst wenn sie nicht nur von Gläubigen oder Esoterikern, sondern Neurologen oder Kardiologen stammen – oft, nachdem diese selbst eine NTE gemacht haben. Schließlich sind die gemeinhin für haltbare wissenschaftliche Studien notwendigen Standards wie Kontrollgruppen, die Beseitigung von Störfaktoren, Objektivität oder Wiederholbarkeit eher schwierig einzuhalten.

Auffällig ist, dass die überwältigende Mehrheit von dokumentierten NTE positiv ist. Das liegt allerdings auch daran, dass die meisten Befragten von sich aus den Kontakt zu Fachleuten suchen und das eher dann tun, wenn die Erfahrung angenehm war.

Oft liegt die NTE Jahre zurück. Was die Aussagekraft der Studien weiterhin schmälert. Sterbeforscher haben deshalb in den letzten Jahren damit begonnen, in Krankenhäusern alle willigen Überlebenden medizinischer Extremsituationen nach ihren Wahrnehmungen zu befragen, um repräsentativere Daten zu bekommen.

Warum flackern so oft die Lichter?

Egal ob im "Tatort: Limbus", in Horrorfilmen oder in der Netflix-Serie "Stranger Things": Bewohner einer anderen Dimension kommunizieren mit den Lebenden gern über elektrisches Licht. Das geht auf die Vorstellung zurück, dass energetische Felder die Grundlage aller Lebewesen bilden – das spielte bereits im vergangenen "Tatort" aus Wien eine Rolle, in dem es um alternative Heilmethoden ging.

Tatsächlich gibt es für diese manchmal auch Aura genannten Energiefelder keine wissenschaftlichen Beweise, mit der physikalischen Elektrizität hat die Idee nichts zu tun, sie gehört in den Bereich der Esoterik. Ihr zufolge hat auch die Seele ein "feinstoffliches Energiefeld", das sich nach dem Tod vom Körper löse. Diese Energie beeinflusse nun die mit Elektrizität funktionierenden Geräte und versuche so, mit den Lebenden Kontakt aufzunehmen.

Warum wir mit solchen potentiellen Fähigkeiten dann noch Einschaltknöpfe und Lichtschalter benötigen, ist eine andere Frage.

Wer ist der Neue im "Tatort"-Team?

In "Limbus" hat Kommissar Mirko Schrader (Björn Meyer) seinen ersten Auftritt als offizieller Assistent von Hauptkommissar Thiel. Bislang tauchte er nur einmal als Urlaubsvertretung für Thiels frühere Assistentin Nadeshda Krusenstern auf, in der Folge "Spieglein, Spieglein" vom März 2019.

Schon damals zeigte sich Thiel wenig begeistert von Schrader, und auch diesmal weist er ihn genervt zurecht, als Schrader lieber auf die Staatsanwältin hören will: "Sie sind MEIN Assistent!"

Was man über Kommissar Schrader bisher weiß, fasst Axel Prahl im Interview so zusammen: "Er kocht den besten Kaffee der Welt, ist überraschend sportlich und weder auf den Kopf, geschweige denn auf den Mund gefallen."

Darsteller Björn Meyer kam 1989 in Lüdenscheid auf die Welt, spielt Theater, hatte ein paar kleinere Fernsehrollen unter anderem im "Tatort" und bekam für einen Auftritt im "Tatortreiniger" 2016 einen Preis der Deutschen Akademie für Fernsehen.

Thiel hing sehr an seiner Assistentin, aber Schauspielerin Friederike Kempter hatte im Dezember 2019 ihren Ausstieg aus der Reihe verkündet, weshalb Nadeshda Krusenstern nach 17 Dienstjahren am Neujahrstag 2020 im Dortmunder "Tatort: Das Team" zu Tode kam (die Folge gehört ebenfalls zu den Experimenten der Reihe und wurde ohne festes Drehbuch gedreht).

Deshalb wiederum konnte sie in "Limbus" einen kleinen, aber feinen Gastauftritt haben.

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