"Tatort" zeigt großen Nachholbedarf beim Thema Diskriminierung auf

Anwältin Patricia Prinz (Sandra Borgmann, l.) wird im "Tatort: Dein gutes Recht" von Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) zum Tod ihres Mannes befragt. Doch eigentlich handelte der Krimi aus Ludwigshafen von einem Phänomen, über das man in Deutschland immer häufiger spricht und es erforscht: Klassismus!

Klassismus zeigt sich unter anderem daran, dass reiche Menschen und Organisationen bessere Anwälte haben. Hier beobachten Odenthal und Stern (Lisa Bitter, M.) Anwältin Patricia Prinz vor Gericht. Sie vertritt ein Callcenter gegen dessen unterprivilegierte Mitarbeiter. Die sehen in diesen Prozessen meist schlecht aus.

Eine dieser Unterprivilegierten ist Marie Polat (Emma Drogunova), die vor Gericht um das Sorgerecht für ihren kleinen Sohn kämpft. Sie ist wegen wiederholten Schwarzfahrens vorbestraft, und ein fester Job ist für sie ausgesprochen wichtig. Doch der soll ihr nun gekündigt werden - mithilfe von Anwältin Prinz.

Immerin: Die Unterprivilegierten in diesem "Tatort" halten zusammen, auch wenn das Liebesverhältnis von Marie Polat und Luisa Berger (Samia Chancrin, r.) zunehmend in Verzweiflung umschlägt. Die Tragik und Folgen des erlebten Klassismus verpackt der "Tatort" in eine Ballade über die Liebe und den Niedergang zweier Frauen.

Klassismus ist die Diskriminierung einer Person aufgrund ihres vermuteten oder wirklichen sozialen Status. Zum Beispiel aufgrund von Bildung, Einkommen, Wohnort, Wohnsituation und Erwerbstätigkeit. Während über Diskriminierungsformen wie Rassismus oder Sexismus viel gesprochen wird, gibt es beim Klassismus noch deutlichen Nachholbedarf.

Callcenter-Chef Piet Sievert (Matthias Lier) will Marie Polat gefügig machen: Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gab eine Studie in Auftrag (geplante Veröffentlichung: 1. Quartal 2025), die klären soll, mit welcher Rechtsbegrifflichkeit ein entsprechender "Diskriminierungsschutz entlang des sozialen Status" am besten umgesetzt werden kann.

Neben dem Mord am Gatten der Anwältin - übrigens ein Jura-Professor mit Migrationshintergrund, der gegen Klassismus kämpfte - gab es noch zwei weitere Handlungsstränge: Jenen der Callcenter-Frauen und eine polizeiinterne Befragung von Odenthal und Stern zu einem kritischen Polizeieinsatz, dessen Geschehnisse erst am Ende des Krimis erzählt werden.

Es gibt auch was zu feiern! So sah Ulrike Folkerts in ihrem ersten "Tatort: Die Neue" als junge Kommissarin Lena Odenthal aus (Szene mit Michael Mendl). Erstmals ausgestrahlt wurde der Krimi am 29. Oktober 1989, knapp zwei Wochen vor dem Mauerfall. "Tatort: Dein gutes Recht" ist ein kleines Jubiläum: Odenthals Fall Nummer 80.

Und noch ein Jubiläum aus der Rubrik "Kinder, wie die Zeit vergeht": Am 26. Oktober 2014 - vor zehn Jahren - feierte Lisa Bitter (l.), damals noch als Kommissar Koppers Urlaubsvertretung Johanna Stern, ihr Debüt. Es war im "Tatort: Blackout". Damals auch noch dabei: Kriminaltechniker Becker (Peter Espeloer).

Sandra Borgmann wird gerne für abgründige Frauenrollen besetzt. In der SAT.1-Krimireihe "Julia Durant" war sie die Titelfigur. Begonnen hat die heute 50-Jährige allerdings als Sympathieträgerin: In der Kult-Dramedy "Berlin, Berlin" mit Felicitas Woll spielte sie in der ersten Staffel Rosalie, die beste Freundin der Hauptfigur Lolle.

Haben Sie die Ermittler der "Internen" erkannt? Johanna Stern wird von Martina Petrasch befragt, die von Christina Hecke (r.) gespielt wird. Die 45-jährige Stuttgarterin ist Hauptdarstellerin der ZDF-Krimireihe "In Wahrheit", die im Saarland spielt.

Unangenehmer ist jedoch jener Kollege, der Lena Odenthal am Wickel hat. LKA-Mann Kurt Breising wird von Bernd Hölscher verkörpert. Der 1971 in Münster geborene Schauspieler wird gerne für Rollen besetzt, denen man etwas Fieses zutraut. In der Amazon-Serie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" spielte er den Zoogeschäftbetreiber.

Nach den Ludwigshafener Abgängen von Frau Keller (Annalena Schmidt) und Peter Becker (Peter Espeloer) suchten die Kommissarinnen in der aktuellen Folge nebenbei nach neuen Mitarbeitern. Gute Chancen darf sich wohl die aus Kaiserslautern stammende Davina Chanel Fox machen, die in "Dein gutes Recht" als Mara Herrmann eingeführt wurde.

Möglicher Neuzugang beim "Tatort" Ludwigshafen? Nico Langenkamp von der Poststelle, den Johannes Scheidweiler verkörpert, könnte man bald öfter sehen. Wie der SWR auf Nachfrage bestätigt, wird die Konkurrenzsituation der beiden möglichen Assistenten im nächsten Film wieder aufgegriffen.

Wie geht es beim "Tatort" in Ludwigshafen weiter? Wahrscheinlich schon im ersten Quartal 2025 kommt "Tatort: Der Stelzenmann" - hier ein Foto vom Drehstart.