Ein Bild des Street-Art-Künstlers Banksy schreddert sich auf einer Auktion selbst. Ist das Kritik am Kunst-Business oder ein gelungener PR-Stunt? Vieles an der Aktion wirft Fragen auf. Die Käuferin des Bildes dürfte es freuen, sie will das Werk behalten.

Mehr Promi-News finden Sie hier

Ein Bild des Street-Art-Künstlers Banksy zerstört sich kurz nach seiner Versteigerung in London selbst. Kaum war das Werk "Girls with Balloon" am vergangenen Freitag für umgerechnet knapp 1,2 Millionen Euro verkauft worden, lief es vor staunenden Betrachtern durch einen Schredder, der im Rahmen verborgen war. Übrig blieb nur der obere Teil des Bildes, der Rest hing in Streifen herunter.

Sotheby's: Bild wurde erfolgreich verkauft

Nun teilt das Auktionshaus Sotheby's mit: Das Bild ist trotzdem erfolgreich verkauft worden. Die Käuferin sei eine "europäische Sammlerin und langjährige Kundin von Sotheby's" und habe das Bild vergangene Woche ersteigert und nehme es auch zerschreddert an. Sie bezahle den Preis, der bei der Auktion erzielt wurde - umgerechnet rund 1,2 Millionen Euro.

Zunächst sei sie schockiert gewesen, doch dann sei ihr klar geworden, dass sie ihr "eigenes Stück Kunstgeschichte" erhalte, zitierte Sotheby's die Käuferin. Das Auktionshaus feiert das zerstörte Bild nun als "erstes Kunstwerk der Geschichte, das während einer Auktion live entstanden" ist. Zudem erhalte es einen neuen Titel: Das Bild heiße nun "Love is in the Bin" und werde an diesem Wochenende in der Galerie des Auktionshauses ausgestellt.

Hintergründe der Aktion liegen völlig im Dunklen

Währenddessen bleiben die genauen Hintergründe der Aktion weiter unklar: Banksy, dessen wahre Identität bis heute unbekannt ist, stellte die Aktion auf seinem Instagram-Account im Internet als von langer Hand geplante Kritik am Kunstmarkt dar.

Sollte das die wahre Intention des Künstlers gewesen sein, darf sie als gescheitert angesehen werden: Nach Einschätzung des Sotheby's-Experten könnte das Werk durch die Schredder-Performance sogar noch deutlich an Wert gewonnen haben.

Was wusste das Auktionshaus?

Zudem wird in der Fachwelt weiter spekuliert, inwieweit Sotheby's selbst in die Aktion eingeweiht war. Vor allem über diese "Zufälle" wird gerätselt:

  • War es reiner Zufall, dass das Bild als letztes Los verkauft wurde und einen sehr ähnlichen Preis erzielte wie der bisherige Rekord eines Banksy-Werks im Jahr 2008?
  • Wieso wurde das Bild an einer Wand aufgehängt, sodass die Streifen des geschredderten Werks gut sichtbar zu sehen waren und nicht wie üblich auf einen Ständer gestellt?
  • Normalerweise würden Bilder zur Überprüfung aus ihren Rahmen genommen. Wie also konnten die Sotheby's-Experten den dort versteckten Aktenvernichter übersehen?

Das Fachblatt "The Art Newspaper" hält es daher nicht für ausgeschlossen, dass Sotheby's-Mitarbeiter ihre Finger im Spiel hatten. Auch die "Süddeutsche Zeitung" hegt Zweifel an der offiziellen Darstellung des Auktionshauses.

Banksy bekannt für kritische Werke und Aktionen

Prinzipiell passt die Aktion aber in das Beuteschema des aus Bristol stammenden Street-Art-Künstlers: Banksy ist bekannt für seine gesellschafts- und kunstkritischen Werke.

Im Jahr 2015 machte er Furore mit einer Installation mit dem Titel "Dismaland", einem gruseligen Anti-Freizeitpark an der englischen Küste. Vergangenes Jahr eröffnete er in Betlehem ein Hotel, das mit der "schlechtesten Aussicht der Welt" wirbt - dem Blick auf die Trennmauer zwischen Israel und dem Westjordanland.

Ein Werk Banksys zeigt Menschen bei einer Kunstauktion, versteigert werden die gerahmten Worte: "Ich kann nicht glauben, dass ihr Idioten diesen Mist tatsächlich kauft." Auch dieses Werk kam schließlich bei Sotheby's unter den Hammer. (mgb)

Verwendete Quellen

  • dpa
  • AFP
  • The Art Newspaper: Sotheby’s 'Banksy-ed' as painting 'self-destructs' live at auction
  • Süddeutsche: Banksys Schredder-Streich wirft Fragen auf
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.