Wie reagieren Kinder auf Heavy-Metal-Musik? Und wie verhalten sich die Kleinen, wenn sie sich während eines Konzerts plötzlich langweilen? Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt Heavysaurus-Musiker Christof Leim die Faszination der Kleinen – und Großen – für das außergewöhnliche Musikprojekt.

Ein Interview

Wenn es um Heavy-Metal-Musik geht, kommen die meisten nicht umhin, an headbangende Menschen zu denken, die zu lauten Gitarrensounds von Kult-Bands wie Iron Maiden oder Metallica abrocken. Was aber, wenn stattdessen vier Dinos und ein Drache live on stage stehen und Hunderte Kinder vor der Bühne zum Ausflippen bringen?

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Genau das ist der Alltag der Dino-Metal-Band Heavysaurus, die ab Februar auf große "Pommesgabel"-Tour geht. Im Gespräch mit unserer Redaktion erzählt Heavysaurus-Musiker Christof Leim alias Drache Riffi-Raffi, was hinter dem außergewöhnlichen Musikprojekt steckt, wie Kinder auf Heavy-Metal-Musik reagieren und warum auch Erwachsene gerne Heavysaurus-Konzerte besuchen.

Herr Leim, aus Kindersicht kombiniert Heavysaurus zwei tolle Elemente miteinander: Musik und Dinos. Welche Idee steckt hinter der Kinder-Heavy-Metal-Band?

Christof Leim: Die Idee, die Songs und die Geschichten rund um Heavysaurus stammen aus Finnland. Dort ist das Konzept rund um die Band vor einigen Jahren entstanden – mit großem Erfolg. Wir übernehmen also Lieder und deutschen sie ein. Aus musikalischer Sicht sprechen wir von echten Rock- und Metalsongs, die mit kindgerechten Liedtexten bestückt werden.

Als Drache Riffi Raffi spielen Sie bei Heavysaurus die E-Gitarre – wie sind Sie zu dieser Rolle gekommen?

2017 bekam ich einen Anruf von einer befreundeten Promoterin, die mir von dem Projekt Heavysaurus erzählte. Meine erste Reaktion darauf lautete: 'Was? Dinosaurier, die Heavy Metal für Kinder machen?! Das klingt cool und verrückt zugleich!'. Der Stein war also ins Rollen gebracht, ich war begeistert von der Idee und den Songs – und bin es noch immer. Insofern bin ich von Anfang an in das deutschsprachige Heavysaurus-Projekt involviert und habe es mit aufgebaut.

Bei Heavysaurus stehen vier Dinos und ein Drache auf der Bühne – ist diese Konstellation ein Ausdruck für Diversität?

Diversität spielt bei Heavysaurus eine große Rolle. Das wird auch immer wieder in den Ansagen unseres Frontmanns, Mr. Heavysaurus, deutlich. Denn bei uns gilt: Ob du groß bist oder klein, schwarz oder grün, ob Dino oder Drache – wir sind alle gleich. Eine der vier Heavysaurus-Dinos ist außerdem eine Dino-Dame, Milli Pilli, die Keyboarderin. Dass zu der Band zudem ein Drache gehört, gefällt mir persönlich sehr, weil es dem Ganzen einen märchenhaften Charakter verleiht. Das verstehen auch die Kinder, die mich häufig fragen, ob Riffi Raffi denn auch Feuer speien kann.

Ein Wandel bei der Musik im Kinderzimmer

Kinderlieder haben sich verändert. Heute spielen Rap, Pop und eben auch Heavy Metal eine große Rolle im Kinderzimmer – wie erklären Sie sich die Begeisterung der Kleinen für Musikgenres, die auch von den Großen gehört werden?

Klassische Kinderlieder, mit denen auch ich groß geworden bin, gibt es noch immer. Aber es stimmt: Kinderlieder haben sich verändert und das ist gut und richtig. Die Altersspanne unserer kleinen Fans liegt zwischen drei und elf Jahren – insofern hören viele von ihnen natürlich auch die klassischen Lieder von etwa Rolf Zuckowski oder Simone Sommerland. Wie sich aber herausgestellt hat, haben Kinder gar kein Problem mit Heavy Metal. Vielmehr versuchen sie, mit ihren kleinen Händen die berühmte Metal-Pommesgabel zu bilden und ich habe auch schon Kinder headbangen sehen. Uns zeigt das, dass unsere Musik für die Kids nicht zu hart und komplex ist, gleichermaßen aber musikalisch so anspruchsvoll produziert ist, dass sie auch den Eltern Spaß macht. Deswegen macht es auch als Musiker so großen Spaß, die Songs zu spielen.

Die Eltern feiern bei den Konzerten also richtig mit?

Absolut. Wir erhalten immer wieder das Feedback, dass auch die Mamas und Papas Lust auf die Musik von Heavysaurus haben. Das merken wir auch bei den Live-Konzerten, wenn sie bei den Songs laut mitsingen. Die Eltern stehen bei den Konzerten natürlich weiter hinten, damit die Kleinen vor der Bühne eine gute Sicht haben. Dennoch haben sie großen Spaß, was uns natürlich sehr freut. Und hier und da gibt es auch Situationen, in denen Erwachsene fragen, ob sie auch ohne Kinder zu einem unserer Konzerte kommen dürfen (lacht). Man darf mit Blick auf die Eltern übrigens nicht denken, dass es sich nur um Metaller handelt. Natürlich gibt es erwachsene Fans mit Metal-Hintergrund, aber eben nicht ausschließlich.

Pommesgabel Tour 2024

Ab Februar gibt es ja wieder jede Menge Gelegenheiten, Heavysaurus live zu erleben, wenn die Band auf die große "Pommesgabel Tour 2024" geht. "Pommesgabel" ist auch der Titel des neuen Heavysaurus-Albums – welcher rote Faden zieht sich durch die Trackliste?

Unsere Alben sind keine typischen Konzept-Alben. Trotzdem gibt es natürlich Themen, die immer wieder auftauchen. Das wäre etwa der Zusammenhalt untereinander, der Appell, nett zu anderen Menschen zu sein oder auch das Thema Mut – vor diesem Hintergrund etwa ist vor einiger Zeit der Coversong "Stark wie ein Tiger" (im Original "Eye Of The Tiger", Anm. d. Red.) entstanden. Auf der neuen Platte geht es vor allem um Geschichten aus der Kinderwelt, es gibt aber auch Songs, in denen die Dinos über ernstere Themen singen.

Im Rahmen der Tour wird Heavysaurus mehr als ein Jahr lang quer durch Deutschland, Österreich, die Schweiz oder Luxemburg tingeln. Klingt nach einem ziemlich straffen Programm …

Mit Blick auf die Vielzahl der Termine schlackern wir natürlich manchmal mit den Ohren, freuen uns aber umso mehr über die tolle Resonanz der Menschen. Natürlich ist das Pensum ziemlich herausfordernd, zumal wir auch alle keine 21 mehr sind (lacht). Man muss aber dazu sagen, dass es neben der Heavysaurus-Stammbesetzung eine weitere Besetzung, bestehend aus professionellen Musikern, gibt. Denn auch ein Dino kann man krank werden und so müssen keine Konzerte abgesagt werden. Übrigens: Unsere Live-Musik auf der Bühne ist etwas leiser, als etwa bei einem Metallica-Konzert. Was jedoch nicht leiser ist, ist der Sound von 600 schreienden und singenden Kinder vor der Bühne – die Stimmung im Saal ist also absolut großartig.

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Live-Auftritt in Dino-Muntor: Kardiotraining und Saunagang in einem

Wie ist es, in kompletter Dino-Montur live on stage zu performen? Spätestens seit TV-Formate wie "The Masked Singer" ausgestrahlt werden, kann man sich vorstellen, dass es nicht einfach ist, als Musiker in einem aufwendigen Kostüm zu performen …

Das stimmt. Wir sind eine echte Live-Band, daher ist vor allem für die Instrumentalisten eine gewisse Fingerfreiheit wichtig. Beim genauen Hinsehen fällt auf, dass wir unsere Dino-Pranken-Handschuhe auf der Bühne nicht tragen, sondern unsere Hände grün anmalen. Die Kostüme selbst sind Spezialanfertigungen aus Finnland und machen wirklich viel aus. Sie sind aus Leder und bringen ein entsprechendes Gewicht mit. Darüber hinaus hat man unter so einer Dinokopfmaske auch nur ein eingeschränktes Sichtfeld. Glücklicherweise ist bisher noch kein Dino von der Bühne gestürzt. Ich finde es cool, wie die Heavysaurus-Dinos aussehen – das zeigt auch die Reaktion der Kinder. Mit Blick auf die kostümierte Performance auf der Bühne kann ich sagen, dass wir Heavysaurus-Musiker gewissermaßen Kardiotraining und Saunagänge in einem machen – und das mehrfach in der Woche. Es wird also ordentlich warm unter dieser Schwitzpackung – oder um es anders auszudrücken: Die Frisur ist nach einem Live-Auftritt im Eimer (lacht).

Gibt es Wechselmonturen der besagten Schwitzpackung?

Unsere Kostüme sind nicht nur sehr aufwendig, sondern auch nicht günstig. Es gibt sie also nicht von der Stange. Unsere Dino-Montur wird regelmäßig gereinigt und repariert, aber es ist nicht so, dass wir verschiedene Wechselausführungen haben.

Was unterscheidet ein Kinderpublikum von einem Erwachsenenpublikum?

Kinder reagieren unmittelbar und sehr intensiv. Bei Begeisterung schreien sie und hüpfen rum und springen im Kreis – quasi wie die Großen beim Wacken. Genauso deutlich zeigen Kinder aber auch, wenn, wenn sie sich langweilen. Dann drehen sie sich, ohne es böse zu meinen, weg, spielen oder laufen zu ihren Eltern. Wir Erwachsenen reagieren da natürlich anders und deutlich kritischer, wenn möglicherweise mal ein kleiner Fehler in einem Gitarrensolo passiert ist. So etwas ist Kindern aber egal – sie amüsieren sich und agieren spielerisch mit der Musik oder den Späßen, die unser Frontmann Mr. Heavysaurus auf der Bühne macht.

Wie sehen solche Späße aus?

Mr. Heavysaurus ist T-Rex und Rockstar in einem – darauf reagieren Kinder großartig. Dazu muss außerdem eines gesagt werden: Wenn man Kinder dazu auffordert, vor der Bühne laut zu werden, entwickeln sie absoluten Ehrgeiz. Das ist wirklich toll und macht großen Spaß.

Heavysaurus vielleicht auch bald auf dem Wacken?

Apropos Wacken – als echte Metal-Band müssten die Dinos doch auch mal bei diesem Festival auftreten …

Auf jeden Fall! Auf dem Wacken gibt es jedoch keinen Kindertag oder ähnliches. Wobei ich denke, dass wir auch ohne Kinder im Publikum gut zum Wacken passen würden. Es gibt genug Erwachsene, die sicherlich Spaß an unserer Musik hätten. Ich erinnere mich da zum Beispiel an einen Auftritt auf dem "Summer Breeze" vor fünf Jahren, der an einem Kindertag im Rahmen des Festivals stattfand. An diesem Tag standen vor der Bühne ein paar Hundert Kinder – aber auch ein paar Tausend erwachsene Headbanger.

Das klingt nach einem guten Gradmesser für einen potenziellen Wacken-Auftritt – Musiker wie Heino haben in der Vergangenheit immerhin auch schon bewiesen, dass das Publikum offen für Neues ist …

Absolut. Ich denke da etwa auch an den Auftritt von Otto Waalkes vor einigen Jahren. Deswegen glaube ich, dass viele Wacken-Besucher Heavysaurus mit einer Portion Ironie hören würden. Unseren Song "Kaugummi ist Mega!" etwa kennen so viele Menschen – auch, weil er ein wirklich starker Rocksong ist. Deswegen bin ich mir sicher, dass ein Dino-Auftritt auf dem Festival super funktionieren würde. Man darf auch nicht vergessen, dass unter den Dino-Kostümen professionelle Musiker stecken. So könnten wir neben Heavysaurus-Songs auch bekannte Tracks wie "The Trooper" von Iron Maiden raushauen – und wer schon einmal auf dem Wacken war, weiß, dass dieser Song gewissermaßen ein Elfmeter ohne Torwart ist (lacht).

Ein wichtiger Bestandteil eurer Live-Auftritte sind die Ansagen von Front-Dino Mr. Heavysaurus. Was gibt er den Fans mit auf den Weg?

Es gibt zwei grundlegende Botschaften von Mr. Heavysaurus. Eine von ihnen richtet sich konkret an die Kinder und lautet: Habt Spaß, singt, seid laut! Wir freuen uns, wenn ihr mitsingt und mit uns feiert, denn das hier ist euer Konzert! Die Reaktionen der Kleinen auf diese Botschaften sind toll. Sie sind vor der Bühne für sich und feiern eine eigene Party. Die zweite, und vielleicht noch größere, Message findet sich auch in unserem Song "Dino-Metalhaeds": Wir halten zusammen! Bei uns sind alle gleich. Es ist egal, ob man groß oder klein, schwarz, weiß oder grün ist oder möglicherweise ein Handicap hat. Diesen universellen Appell verbreiten wir auf jedem unserer Konzerte – sowohl an die Kleinen als auch an die Großen.

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