• Am Mittwoch wird der Sänger und Liedermacher Reinhard Mey 80 Jahre alt.
  • Spöttisch berichtet er davon, dass er jetzt wohl seine Lebensgeschichte aufschreiben müsse.
  • Doch nicht nur mit einem Rückblick auf sein Leben, sondern auch mit dem Tod scheint er sich zu beschäftigen.

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Auf seiner jüngsten Tournee erzählte Reinhard Mey etwas spöttisch von den sich häufenden Anfragen der Buchverlage. Er müsse jetzt endlich seine Biografie vorlegen, es dränge, würden die Verleger mit Blick auf seinen am Mittwoch bevorstehenden 80. Geburtstag sagen. Doch Mey sagt, dass er seine Lebensgeschichte schon seit langem schreibe, sogar als Hörbuch - nämlich in Form hunderter Lieder.

Mey ist ein gut gealterter Sänger. Wo anderen mit den fortschreitenden Jahren die Puste ausgeht, kann er noch immer vor ausverkaufter Halle mehr als zweistündige Konzerte singen, so wie auf seiner im Oktober nach 16 Stationen mit 82.000 Zuschauern beendeten Tour - "die Tournee meines Lebens", wie Mey sagt.

Mey liebt den Kontakt zum Publikum

Er liebt den Kontakt zum Publikum, nimmt dessen Reaktionen auf. Bei seinem bekanntesten Lied "Über den Wolken" ließ er kürzlich in der Münchner Olympiahalle Tausende singen und erfreute sich am von den Fans gesungenen "...muss die Freiheit wohl grenzenlos sein".

Mey schafft es trotz - oder wegen? - des hohen intellektuellen Anspruchs seiner Texte mit seinen CDs regelmäßig weit vorn in die Charts. "Ich will ein Spielmann sein", ist dabei sein Credo.

Aber nicht jeder kann in ihm einen harmlosen Spielmann sehen. Manche nennen ihn "Gutmensch" und meinen das diskreditierend. Seine konsequent pazifistische Haltung stößt ebenfalls einige ab. So gehörte Mey im Frühjahr zu den Erstunterzeichnern eines Briefs von Prominenten, die gegen Waffenlieferungen an die Ukraine sind.

Der Sänger argumentiert dabei mit seiner eigenen Vita. Er kam im Zweiten Weltkrieg am 21. Dezember 1942 in Berlin-Wilmersdorf zur Welt. In seinem fast 20 Jahre alten Lied "Die Waffen nieder" sang er, er habe auch als kleines Kind begriffen, was da geschah. "Manch Ängste, weiß ich, werd ich nie verlieren."

Sohn Max fiel 2009 ins Wachkoma und starb 2014

Begebenheiten in seinem Leben verarbeitet der Sohn einer Lehrerin und eines Juristen seit jeher musikalisch, seine Fans können davon nicht nur ein Lied singen. Das gilt für seinen verunglückten französischen Jugendfreund Etienne wie für seinen Sohn Max, der 2009 nach einer Lungenentzündung ins Wachkoma fiel und 2014 starb. Ihm widmete Mey das Lied "Drachenblut".

Womöglich ist es eines der Erfolgsgeheimnisse von Mey, dass er sein Publikum so nah an sich heran lässt, auch an das Scheitern seiner ersten Ehe mit der Französin Christine und die alltäglichen Begebenheiten mit seiner zweiten Frau Hella und den drei gemeinsamen Kindern. Inzwischen ist das Ehepaar Mey 45 Jahre verheiratet und hat Enkelkinder.

Nachdem Mey nach dem Abitur und dem französischen Baccalauréat am Französischen Gymnasium Berlin zunächst eine Kaufmannslehre gemacht hatte, entschloss er sich 1967 endgültig zur Künstlerlaufbahn.

In diesem wegweisenden Karrierejahr habe er wie besessen geschrieben. "Ich hatte Feuer gefangen am Dichten, am Suchen und Finden von Ideen, Worten und Melodien und vor allem am Ringen mit unserer schönen, störrischen, aber dafür so wunderbar genauen Sprache", schrieb er einmal in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Mey veröffentlichte auch zahlreiche französischsprachige Alben

28 Studioalben veröffentlichte Mey bisher. Als Frédérik Mey veröffentlichte er außerdem französischsprachige Alben, das letzte erschien 1982. Als er im September eine CD-Box mit den sechs französischen Alben veröffentlichte, schaffte sie es trotz 40 Jahren Veröffentlichungspause in Frankreich in die Top 20.

Es wirkt ein bisschen, als hätte Mey mit der Veröffentlichung im geliebten Nachbarland und der Tour sein Lebenswerk abrunden wollen. In einem auf seiner Homepage veröffentlichten Gespräch mit seiner Tochter Victoria formulierte er seinen letzten Wunsch. "Ich würde gern mit Deiner Mutter das Los von Philemon und Baucis teilen", sagte er. Nach der griechischen Mythologie erfüllte Zeus den beiden den Wunsch, zur selben Stunde zu sterben und verwandelte sie nach ihrem Tod in starke Bäume. (afp/ran/pw/dh)

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