Was haben Steinriesen, Spezialeffekte und Comic-Stil mit der Arche Noah zu tun? Nach Ansicht von Regisseur Darren Aronofsky sehr viel. Er bringt die angestaubte Bibelerzählung mit "Noah 3D" ins Kino. Das Ergebnis ist eine Mischung aus Familiendrama und Monumentalfilm, welche trotz bildgewaltigem Weltuntergangsszenario nur wenig Eindruck hinterlässt.

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Die Mutter aller Katastrophen

Die Erde in "Noah 3D" hat wenig Ähnlichkeit mit unserem blauen Planeten. Nach dem Sündenfall wurden die Menschen aus dem Paradies verbannt und finden sich in einer lebensfeindlichen Umgebung wieder – alles ist wüst und karg, Tiere und Pflanzen sieht man nur selten. Einzig der Homo Sapiens kriecht hartnäckig wie Ungeziefer auf der Erdoberfläche und saugt ihr den letzten Lebenstropfen aus.

In dieser Einöde ist Noah der einzig rechtschaffene Mann. Der dreifache Familienvater hat im Traum eine göttliche Vision: Eine Flutwelle apokalyptischen Ausmaßes wird über die Erde hereinbrechen und sie in ein Meer voll Leichen verwandeln. Nur unverdorbene Kreaturen wie Noah, seine Familie und Tiere sollen die globale Katastrophe überleben. Kurzum: Das Ende der Menschheit steht bevor.

Transformers aus der Steinzeit machen Noah zu schaffen

Der Film handelt zunächst vom Bau der Arche, bevor sich das Geschehen auf Reibereien zwischen den Familienmitgliedern fokussiert. Dabei droht Noahs Mission fast zu scheitern. Der Regen setzt sein. In Panik geratene Menschenhorden versuchen, die Arche zu entern. Die Schlacht beginnt.

Regisseur Aronofsky will durchgehend mit pompösen Bildern und aufwändigen Spezialeffekten punkten. Die detailgetreu animierten Tierscharen oder die monströse Flutwelle sind ohne Frage echte Hingucker. Doch insgesamt stört der starke Fantasy-Einschlag des Streifens.

Bestes Beispiel sind die sogenannten "Wächter" - gefallene Engel, die die Gestalt von Steinriesen angenommen haben. Sie erinnern mehr an eine verkrustete Version der Transformers. Auch an anderen Stellen scheitert der Versuch, der mythischen Geschichte eine surreale Optik zu verleihen. Der übertriebene Einsatz des Comicstils ist schuld daran. Es sind diese Stolpersteine, welche die Gesamtwirkung des Films zunichte machen.

Durch die aufgeblasenen Kampfszenen und Spezialeffekte wirkt der Film stellenweise eher wie ein Videospiel. Dabei wäre so viel "Eye Candy" gar nicht nötig gewesen. Die schauspielerische Leistung von Russell Crowe als gottestreuer Vollstrecker und insbesondere die weiblichen Charaktere (Jennifer Connely und Emma Watson) beeindrucken. Regisseur Aronofsky hätte lieber mehr auf die Leistung seiner Crew gesetzt, statt auf großspuriges Hollywood-Tamtam à la Herr der Ringe.

Der Mensch und die Gier - A Never Ending Story

Auffallend positiv ist hingegen: Das angegraute Bibelthema ist gerade heutzutage relevant - vor dem Hintergrund weltwirtschaftlicher Krisen und der wachsenden Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Der Film geht mit kapitalistischen Werten und dem menschlichen Wesen gnadenlos ins Gericht. Er wirft ethisch schwerwiegende Fragen auf, ohne zu sehr den Zeigefinger zu heben.

Ein Kernthema des Films ist die Frage, was es bedeutet, ein guter Mensch zu sein. Erfrischenderweise liefert "Noah" die Antwort nicht gebrauchsfertig mit, denn makellose Heldenbilder sucht man im Film vergebens. Wir erleben Noah nicht als edlen Retter der Welt, sondern als pflichtbesessenen und schuldgeplagten Missionar, den seine Gottergebenheit unmenschlich werden lässt.

"Das Buch war aber besser"

Eigentlich hat "Noah" alles, was ein gutes Drama braucht: eine schicksalhafte Handlung, junge Liebende und spektakuläre Bilder. Es mag an der biblischen Thematik liegen, dass trotzdem alles nicht so recht zusammen passen will. Man hat schnell den Eindruck, der Film versuche etwas zu sein, was er nicht ist: ein epischer und gleichzeitig moderner Monumentalfilm. Den Lieblingsspruch aller Kritiker "Das Buch war aber besser" wird man in dem Zusammenhang zwar eher selten hören. Etwas christliche Bescheidenheit hätte dem Film aber deutlich besser gestanden.

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