Jetzt wird es eng für Griechenland: Zwei Monate bleiben dem Schuldenstaat noch, um seine Sparpläne zu erfüllen, sonst drohen Grexit und die Wiedereinführung der Drachme. Diese Reformen muss Griechenland jetzt umsetzen.

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Seit Wochen ringt Griechenland mit seinen Gläubigern um den künftigen Reformkurs. Eine Liste mit Änderungsvorschlägen an den bisherigen Reformen sollte die Basis für die Auszahlung weiterer Hilfen aus dem Rettungspaket darstellen. Nun ist die Frist für eine gemeinsame Vorlage verschoben.

Um wie viel Geld geht es?

Insgesamt geht es um Kredite über 7,2 Milliarden Euro aus dem Ende Juni endenden Hilfspaket von insgesamt 240 Milliarden Euro. Zuvor hatte es geheißen, Griechenland und die EU müssten sich bis Ende April auf ein Reformpaket einigen, damit das Geld gezahlt würde. Kurzfristig verschob die Euro-Gruppe diesen Termin nun auf Ende Juni, eine baldige Einigung auf gemeinsame Spar- und Reformpläne schien schlichtweg unmöglich.

Griechenland aber braucht das Geld dringend, um seine Schulden zu bedienen und Löhne und Gehälter weiter zu zahlen.

Wie ist die aktuelle wirtschaftliche Situation in Griechenland?

Aus griechischer Sicht bewegt sich die Wirtschaft momentan nach oben. Nach Jahren immenser Defizite steuert das Land wieder relativ normale Werte an: So ging die Neuverschuldung im vergangenen Jahr von zuvor 12,3 Prozent der Wirtschaftsleistung auf 3,5 Prozent zurück, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat berichtet.

Dennoch erwartet Europa von Griechenland die sofortige Umsetzung der Reformen, die ihren Namen wirklich verdient haben. Bisher allerdings sperrt sich Griechenland gegen wichtige Sparpläne, die die Euro-Staaten mit Nachdruck fordern.

Bei welchen Punkten gibt es die meisten Diskussionen?

Strittig sind vor allem vier Punkte: Eine mögliche Arbeitsmarktreform, die Rentenreform, von der EU geforderte Mehrwertsteuererhöhungen und die Privatisierung vor allem der Flughäfen und Häfen.

Privatisierung: Das mit seiner Vorgängerregierung vereinbarte Programm hatte Regierungschef Alexis Tsipras zwischenzeitlich stoppen lassen, will es nun aber doch wieder aufnehmen. So soll der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport wie vereinbart 14 griechische Regionalflughäfen übernehmen. An anderen wichtigen Verkehrseinrichtungen, unter anderem dem Hafen von Thessaloniki, will die Regierung aber nur Anteile bis 29 Prozent verkaufen. Finanzminister Yanis Varoufakis sagte, er sehe in den Privatisierungsprogrammen einen Missbrauch von Volksvermögen, sofern in einer Depression Notverkäufe eingeleitet würden.

Rente: Hier machte die Regierung schon Eingeständnisse, will das tatsächliche Rentenalter der Griechen von 65 auf 67 Jahre anheben. Grundsätzlich soll zudem kein Grieche mehr in Rente gehen können, bevor er 62 Jahre alt ist und der Vorruhestand mit hohen Rentenabschlägen unattraktiver gemacht werden.

Steuer: Im Gegenzug will Athen aber die Anhebung der Mehrwertsteuer im Tourismusbereich verhindern. Die Euro-Länder hatten zuvor die Angleichung des Mehrwertsteuersatzes auf 23 Prozent auch auf den griechischen Inseln gefordert. Seit Jahrzehnten liegen die Mehrwertsteuersätze dort – mit Ausnahme von Kreta – rund 30 Prozent unter denen im Rest des Landes. Varoufakis jedoch erteilte dem eine Absage. Zugleich will die Regierung aber ihr Versprechen, die Immobiliensteuer abzuschaffen, halten und als Ersatz die Steuer auf große Vermögen deutlich erhöhen.

Wo zieht Griechenland mit?

Vor allem beim Kampf gegen Steuersünder. Eine Milliarde Euro erhofft sich die Regierung allein dadurch. „Wenn wir die Steuerhinterziehung nur um die Hälfte reduzieren könnten, wäre das Finanzproblem Griechenlands gelöst“, sagte der frühere Chef der Steuerfahndung, Nikolaos Lekkas.

Einen ersten Erfolg konnte Tsipras jüngst aus dem neuen Gesetz zur Vereinfachung der Nachzahlung von Steuerschulden vermelden: Innerhalb einer Woche seien 100 Millionen Euro in die Staatskasse geflossen.

Fachleute schätzen, dass dem Fiskus jährlich rund 30 bis 40 Milliarden Euro vorenthalten werden.

Um Steuersünder deshalb künftig leichter überführen zu können, schlug die Regierung nun vor, Hausfrauen, Rentner und Arbeitslose einzusetzen. Ausgestattet mit Knopflochkameras und versteckten Mini-Mikrofonen sollen sie in Einzelhandelsgeschäften, Tavernen und Nachtklubs als Kunden getarnt Ausschau halten, ob ordnungsgemäß Quittungen ausgestellt werden.

Wie geht es jetzt weiter?

Griechenland hat nun abermals zwei Monate Zeit, sich mit seinen Geldgebern auf einen gemeinsamen Weg zu einigen. Bisher trotzt das Land der Staatspleite, zahlt weiter die Löhne und schultert die Rückzahlung der Kredite. Schon am 12. Mai steht aber die nächste größere Rückzahlung an, dann muss Griechenland knapp 770 Millionen Euro an den IWF zurückzahlen. Kann die Regierung das nicht, droht bereits in drei Wochen der Grexit.

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