Mit unseren heutigen Weberknechten hatten deren Ahnen vor fast 50 Millionen Jahren nicht viel gemein: Damals krabbelten laut einer Studie Langbeine durch unsere Breiten, die man in den Tropen vermuten würde.
Ob bei der Gartenarbeit oder in den vier Wänden: Weberknechte sind in Deutschland ein gewohnter Anblick. Optisch fallen bei unseren heimischen Arten vor allem die langen, spindeldürren Beine auf.
Vor 48 Millionen Jahren zierte die Spinnentiere jedoch auch hierzulande ein metallisch glänzender Körper - das schreiben Forschende nach der Entdeckung einiger fossiler Exemplare in der Grube Messel, über die im Fachblatt "Palaeobiodiversity and Palaeoenvironments" berichtet wird.
Schneider, Opa Langbein, Habergeiß oder Zimmermann - nur vier der Namen, unter denen Weberknechte (Opiliones) bei uns bekannt sind. In Deutschland leben mehrere Dutzende der etwa 6.600 bekannten Arten, die zwar äußerlich an Spinnen erinnern, in der Klasse der Spinnentiere aber ihre eigene Ordnung bilden.
Nun sind unter Funden aus der Grube Messel in Südhessen neun versteinerte Weberknechte entdeckt worden, deren Alter in der Studie mit 48 Millionen Jahren angegeben wird. Die Grube Messel, die seit 1995 Unesco-Weltnaturerbe ist, gilt als eine der bedeutendsten Fossilfundstellen Deutschlands. Zu den aufsehenerregendsten Entdeckungen gehören Urpferdchen und fossile Krokodile, aber auch Insekten und Spinnen wurden bereits gefunden.
Weberknechte waren Teil der damaligen Fauna
Durch die Studie ist jetzt klar, dass auch Weberknechte Teil der damaligen Fauna waren. Christian Bartel und Jason Dunlop vom Museum für Naturkunde Berlin sowie Sonja Wedmann von der Senckenberg Forschungsstation Grube Messel konnten die Fossilien anhand einer großen Platte, welche die Rückseite des Hinterleibs der Tiere bedeckt, der Weberknecht-Familie der Sclerosomatidae zuordnen, welche noch heute in weiten Teilen der nördlichen Hemisphäre anzutreffen sei.
"Das Interessante an diesen Fossilien ist ihr glänzendes, metallisches Aussehen", wird Paläontologe und Zoologe Dunlop in einer Mitteilung zitiert. Dieses sei vermutlich auf sogenannte Strukturfarben zurückzuführen, bei denen die Körperoberfläche das Licht so reflektiert, dass sie auch 48 Millionen Jahre später noch glänzend aussieht. "Solche Strukturfarben wurden bislang noch nie zuvor bei fossilen Weberknechten beobachtet", ergänzt Erstautor Bartel, der Doktorand in Dunlops Arbeitsgruppe ist.
Beliebtes tropisches Fotomotiv
Bei mehreren lebenden Mitgliedern der Sclerosomatidae-Familie tritt jenes metallisch glänzende Aussehen ebenfalls auf, was die Spinnentiere zu beliebten Fotomotiven macht. Allerdings leben die meisten der entsprechenden Arten in tropischen Regionen der Welt und hier vor allem in den Regenwäldern Südostasiens.
Lesen Sie auch
- Neue Studie lüftet Rätsel um Pyramiden
- Steinzeit-Skelett in Bayern ausgegraben
"Die neu entdeckten fossilen Weberknechte passen daher sehr gut zur Interpretation der Grube Messel als ehemaliger Vulkansee, der von einem warmen Tropenwald umgeben ist", sagte Sonja Wedmann, Grabungsleiterin in Messel vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt. "Mit anderen Worten: Vor 48 Millionen Jahren lebten wohl eher tropische Spinnentiere in Deutschland."
Seit einiger Zeit werde häufiger berichtet, dass ein invasiver Weberknecht, der möglicherweise aus Afrika stammt und auch ein langbeiniges und glänzendes Aussehen hat, sein Verbreitungsgebiet in weite Teile Europas ausgeweitet habe. Ob dieser eine enge Verwandtschaft mit den Messel-Fossilien habe, sei noch unklar. (Alice Lanzke, dpa/cze)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.