Eine kostbare Gewandfibel aus Gold und Silber, mit Schmucksteinen verziert, ist auf einem Acker bei Rostock entdeckt worden.
Ein spektakulärer Fund aus der Völkerwanderungszeit beschäftigt die Archäologen in Mecklenburg-Vorpommern. Die mit Almandinen, einem Granat, verzierte Gewandfibel aus dem frühen siebten Jahrhundert besteht aus vergoldetem Silber und ist äußerst kunstvoll gearbeitet. "Das ist einer der Highlightfunde in diesem Jahr", sagte Landesarchäologe Detlef Jantzen der Deutschen Presse-Agentur.
Entdeckt habe die Gewandfibel einer der mehr als 250 ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger, als er im Nordosten bei einer Feldbegehung mit Metalldetektor nahe der Ortschaft Reez bei Rostock unterwegs war.
Reichtum in der Völkerwanderungszeit
"Es ist ein unglaublich wertvolles Stück." Die Almandine sind nach Jantzens Worten glänzend geschliffen und passgenau geschnitten. Um ihre Strahlkraft noch zu erhöhen, riffelte der Goldschmied den vergoldeten Untergrund der Fassung. "Wir kennen vergleichbare Stücke bisher vor allem aus dem Rheinland und aus Schweden", sagte Jantzen. "Sie kommen in besonders reich ausgestatteten Adelsgräbern vor."
Das Edel-Schmuckstück wirft Fragen auf. Wie gelangte es an die mecklenburgische Ostseeküste? Gab es hierzulande eine reiche Oberschicht während der Völkerwanderungszeit, die eigentlich als Phase der blanken Not gilt, in der große Gruppen gezwungen waren, ihre angestammte Heimat zu verlassen?
Bild der Zeit wandelt sich
"Wir finden in den letzten Jahren unglaublich wertvolle Schmuckstücke aus der Völkerwanderungszeit", sagte Jantzen. Die Funde seien ein Ergebnis der Detektorsuche ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger. Seit eineinhalb Jahrzehnten bildet das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege interessierte Laien aus. Sie lernen Funde zu erkennen und einzuordnen. Um ihre Lage einzumessen, was wichtig für die weitere Erforschung ist, nutzen die Hobby-Archäologen GPS-Geräte.
Die ersten Ehrenamtlichen erhielten 2008 ihre Zertifikate, die sie berechtigen, mit Metalldetektoren über die Felder zu gehen. Bei Göthen in der Lewitz im Landkreis Ludwigslust-Parchim fand im Februar ein Ehrenamtlicher ebenfalls ein wertvolles Schmuckstück aus der Völkerwanderungszeit, das Bruchstück einer bronzenen Gewandfibel mit Vergoldungen. Archäologen datieren das Stück anhand der Verzierung ins sechste Jahrhundert.
Auf wen trafen die Slawen?
Als eine Ursache für die langanhaltenden Wanderungsbewegungen nach dem Zusammenbruch des Römischen Reichs im vierten Jahrhundert gelten Klimaveränderungen, die zu Hunger führten. Im heutigen Mecklenburg-Vorpommern nahmen Wissenschaftlern zufolge die Waldflächen wieder zu - ein Indiz für eine zurückgehende Besiedlung. "Das Klima wurde kälter und nasser", sagte Jantzen.
Dennoch glaubt er nicht, dass die Slawen, die ab dem achten Jahrhundert von Osten her ins heutige MV einwanderten, ein leeres Land vorfanden. Nicht alle Bewohner seien weggegangen. "Offensichtlich haben sich die Slawen mit der ansässigen Bevölkerung arrangiert, Hinweise auf kriegerische Auseinandersetzungen haben wir bisher jedenfalls nicht gefunden." Jantzen hofft nun auf weitere Funde aus der späten Zeit der Völkerwanderung und der Einwanderung der Slawen.
Mecklenburger ganz früh auf den britischen Inseln
Moderne Forschungsmethoden wie DNA-Untersuchungen liefern ganz neue Erkenntnisse. So erkannten Wissenschaftler bei einem europaweiten Projekt, dass Menschen aus dem heutigen Mecklenburg-Vorpommern vielleicht schon im vierten Jahrhundert auf die britischen Inseln auswanderten, dort mehrere Jahrhunderte unter sich blieben und sich erst dann mit anderen Bevölkerungsgruppen vermischten. "Das heißt, die Völkerwanderung begann früher als bisher angenommen", sagte Jantzen.
Goldmünzen und Bronze-Beil
Weitere herausragende Funde dieses Jahres sind ein Bronze-Beil aus der Zeit um 1800 vor der Zeitrechnung und mehrere Armreifen aus Bronze aus der Zeit um 1000 vor der Zeitrechnung. "Beides hat ein Ehrenamtlicher auf einem Acker bei Brenz im Landkreis Ludwigslust-Parchim entdeckt", so der Landesarchäologe.
Zwei Goldmünzen, die eine ehrenamtliche Bodendenkmalpflegerin auf einem Feld bei Parchim fand, stammen aus dem frühen 15. Jahrhundert. Nach Jantzens Worten handelt es sich um einen niederländischen Gulden aus dem Herzogtum Geldern und um einen französischen Ecu.
Aus dem 12. Jahrhundert stammt eine mit einem Fabeltier verzierte sogenannte Urnes-Gewandfibel, benannt nach einer Stabkirche in Norwegen. Ein Ehrenamtlicher hat sie nach Jantzens Worten in der Nähe von Wismar gefunden. Damit erhöhe sich die Zahl der in MV gefundenen Fibeln dieses Stils auf ein knappes Dutzend. (dpa, bearbeitet von spl)
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