Taucher haben an der Mündung des Finnischen Meerbusens eine überraschende Entdeckung gemacht: Sie fanden das Wrack eines niederländischen Handelsschiffs aus dem 17. Jahrhundert. Es ist beinahe vollständig erhalten. Und das nach 400 Jahren! Wie kann das sein?
Der niederländische Schiffstyp "Fluit", auch Fleute genannt, dominierte vom späten 16. Jahrhundert bis Mitte des 18. Jahrhunderts den baltischen Handel. Dennoch gibt es nicht mehr viele dieser Schiffe, obwohl sie einst sehr verbreitet waren. Selbst Wracks werden nur selten gefunden.
Deswegen waren Taucher des "Badewanne Diving Teams" sehr überrascht, als sie an der Mündung des Finnischen Meerbusens in einer Tiefe von 85 Metern ein beinahe vollkommen erhaltenes Schiffswrack gefunden haben. Sie hatten eigentlich erwartet, ein Minensuchboot aus dem Ersten Weltkrieg oder einen Schoner aus dem Zweiten Weltkrieg zu finden.
"Es könnte sein, dass das ein Beispiel eines frühen Konstruktionstyps ist", erklärt Niklas Eriksson, Meeresarchäologe der Universität Stockholm. "Das Wrack eröffnet uns die einzigartige Möglichkeit, die Entwicklung eines Schifftyps, der um die ganze Welt gesegelt ist und das Fundament für die Globalisierung der frühen Neuzeit gebildet hat, zu studieren."
Holzschiffe können Jahrhunderte überdauern
Das meiste der Takelage liegt verstreut auf dem Meeresboden. Abgesehen davon ist das Schiff allerdings nur leicht beschädigt.
Die seitliche Beplankung ist zum Beispiel noch fest angebracht - und der Laderaum voll.
Die Taucher vermuten, dass selbst die beschädigten Teile und Komponenten der Spiegeldekorationen hinter dem Heck auf dem Boden gefunden werden könnten.
Und das nach 400 Jahren! Wie ist das möglich? Es gibt nur wenige Orte auf unserem Planeten, wo Wracks aus Holz für Jahrhunderte überdauern können. Dort gibt es keine chemischen, biochemischen oder biologischen Zerfallsprozesse.
So wie in der Ostsee: Das ganze Jahr über herrscht absolute Dunkelheit, der Salzgehalt des Wassers ist niedrig und die Temperaturen ebenfalls. Dadurch sind die Prozesse sehr langsam. Was allerdings fast noch wichtiger ist: Organismen, die Holz zerstören, wie zum Beispiel der Schiffswurm, können in einer solchen Umgebung nicht leben.
Sogar in gemäßigten Meeren dauert es Jahrzehnte, bis ein Holzwrack verschwunden ist.
Die Fleute, ein fortschrittlicher Schiffstyp
Die Ostsee ist seit dem Mittelalter als Handelsroute immer wichtiger geworden. Die holländische und englische Marine benötigte endlose Vorräte an Holz, Teer und Hanf. Rund um die Ostsee standen diese Güter zur Verfügung.
Vom 13. Jahrhundert an kontrollierte die Hanse den Handel. Allerdings übernahm die Handelsmarine der Vereinigten Niederlande im Laufe des 17. Jahrhunderts die Kontrolle, da sie sehr effizient war. Dabei tat sich die Fleute besonders hervor.
Es handelte sich um ein dreimastiges Handelsschiff, das sehr viel Fracht transportieren konnte und keine Kanonen besaß. Die Schiffe waren außerdem mit einer neuartigen und fortgeschrittenen Takelage ausgestattet. Dadurch benötigte das Handelsschiff eine kleinere Crew, wodurch die Fahrt rentabler wurde.
Und noch ein Merkmal der Fleuten war neu: Kapitän, Matrosen, Bootsmann, Koch und der Rest der Crew lebten zusammen in einem Raum. Sie aßen auch gemeinsam am selben Tisch. In der damaligen Gesellschaft war das ungewöhnlich. Vor allem die Welt der Seefahrt war sehr hierarchisch.
Die Taucher des "Badewanne Diving Teams" werden das Wrack in Kooperation mit der "Finnish Heritage Agency" und anderen Partnern weiterhin genau untersuchen.
Verwendete Quellen:
- Badewanne.fi: "The Dutch 17th Century merchantman"
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