Die Watergate-Affäre erschütterte das Vertrauen vieler US-Bürger in die politische Machtelite. Der damalige US-Präsident Richard Nixon trat im August 1974 sogar von seinem Amt zurück. Die genauen Hintergründe für den Einbruch in das Watergate-Gebäude am 17. Juni 1972 sind auch heute – nach 45 Jahren – immer noch rätselhaft.

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Für den 37. Präsidenten der USA, den Republikaner Richard Nixon, schien die Wiederwahl im Jahr 1972 sicher. Die Demokraten waren zerstritten und es gab keinen ernst zu nehmenden Gegenkandidaten für die Präsidentschaft. Dann plötzlich im Sommer 1972 wendete sich das Blatt mit einem filmreifen Politkrimi: Am frühen Morgen des 17. Juni 1972 brachen fünf Personen in das Hauptquartier der Demokraten im Hotel "Watergate" in Washington D.C. ein. Ein Wachmann entdeckte eine mit Klebeband offengehaltene Tür und alarmierte daraufhin die Polizei.

Der Einbruch – der Beginn der berühmten Watergate-Affäre

Der Einbruch in das Watergate-Gebäude am 17. Juni war allerdings nicht der erste. Bereits im Mai hatten Einbrecher die Telefone der Demokraten verwanzt. Da die Abhörgeräte aber nicht richtig funktionierten, kehrten die Einbrecher am 17. Juni 1972 zurück, um diese auszutauschen und um Dokumente abzufotografieren. Laut Polizeibericht trugen die Täter 2.300 Dollar zumeist in Hundertdollarnoten mit fortlaufender Seriennummer mit sich.

Geschnappt wurden die Einbrecher nur durch Zufall, da dem Wachmann am frühen Morgen die mit Hilfe von Klebeband offengehaltene Tür auffiel. Die Putzkolonne des Gebäudes nutzte diese Methode bei ihrer Arbeit, so dass das eigentlich kein Grund zur Besorgnis war. Da der Wachmann allerdings ein ähnliches Klebeband bereits bei einem vorherigen Rundgang entfernt hatte und nach Mitternacht kein Putzpersonal mehr im Haus war, schöpfte er Verdacht und rief die Polizei.

So erwischten die Beamten um halb drei Uhr morgens fünf Personen im Hauptquartier der Demokratischen Partei auf frischer Tat und verhafteten sie. Später wurde bekannt, dass die Gruppe bestehend aus Spezialermittlern seit 1971 dafür zuständig war, den Regierungsapparat von Präsident Nixon nach außen "abzudichten".

Der ehemalige CIA-Agent James McCord - zu diesem Zeitpunkt der Sicherheitsberater des Komitees für die Wiederwahl des Präsidenten - wurde als Anführer der Gruppe identifiziert.

Zwei Tage nach dem Vorfall wurde der Einbruch vom Weißen Haus als "drittklassiger Einbruch" betitelt. Die Spekulationen über eine Verwicklung des Geheimdienstes, der Bundespolizei oder gar eine Beteiligung der Regierung wurden den Demokraten als Wahlpropaganda vorgeworfen.

Diese Kommunikationsstrategie der Regierungspartei ging vorerst auf: Richard Nixon wurde am 7. November 1972 als US-Präsident wiedergewählt und die Einbrüche in das Hauptquartier der Demokraten schienen vom Tisch zu sein.

Die Tricks der Mächtigen und das große Schweigen

Bis heute wissen Historiker nicht, ob Richard Nixon über die Einbruchspläne informiert war, sie geduldet hat oder sogar selbst angeordnet hat. Sicher ist jedoch, dass John Mitchel, Ex-Justizminister und Direktor des Komitees für die Wiederwahl des Präsidenten, den Einbruch in das Hauptquartier der Demokraten gebilligt hat.

Um seine Wiederwahl nicht zu gefährden, beschloss der US-Präsident gemeinsam mit seinem Stabschef H. R. Haldemann, den Vorfall zu vertuschen.

Nixons Assistent John Dean wurde beauftragt, das FBI mit Unterstützung der CIA unter dem Vorwand der "nationalen Sicherheit" von den Ermittlungen abzuhalten. Gleichzeitig bekamen die fünf Angeklagten Schweigegelder aus Privatspenden und man versprach ihnen eine baldige Begnadigung nach ihrer Verurteilung.

Sinn und Zweck des Watergate-Einbruchs

Welche Informationen sich durch die Einbrüche bei den Demokraten erhofft wurden, ist bis heute nicht eindeutig bekannt. Möglich ist, dass einfach demokratische Politiker ausspioniert werden sollten. Vorstellbar ist ebenso, dass Beweise über illegale Spenden an Nixon vernichtet werden sollten.

Einige spekulieren, ob der engere Zirkel um Nixon befürchtete, dass die Demokraten Wissen über die nicht ganz saubere Vietnam-Politik (unter anderem gefälschte Dokumente über Luftangriffe) besaßen oder herausfinden würden.

Da alle Mitglieder des Einbrecherteams in die konterrevolutionären Aktivitäten gegen Kuba involviert waren, gibt es dazu auch Theorien. Zwei von den Tätern waren Exilkubaner, die nach eigenen Aussagen fest davon überzeugt waren, dass sie an einer CIA-Aktion teilnehmen würden.

Inwieweit der Cuba-Bezug ein Ablenkungsmanöver war oder sich hier weitere politische Untiefen auftun, ist nach wie vor umstritten.

Eine politische Ära geprägt von Loyalität und Korruption

Bereits kurz nach Nixons Amtsantritt im Januar 1969 kam es vermehrt zu illegalen Aktivitäten rund um das Weiße Haus. Politische Gegner und Journalisten wurden ausspioniert, abgehört und durch Sonderprüfungen der Steuerbehörden unter Druck gesetzt.

Diese Praktiken waren in der amerikanischen Politik zu Nixons Zeit durchaus üblich. Das raue politische Klima war unter anderem durch den Vietnam-Krieg (1955 – 1975) und durch ein stark verbreitetes Freund-Feind-Denken geprägt.

Ideologische Überzeugungen, Loyalitäten und auch opportunistisches Handeln ließen die Verfassungstreue ins Hintertreffen geraten. Mit dem Publikwerden von immer mehr korrupten Machenschaften löste die Watergate-Affäre die größte verfassungsrechtliche Krise in der Geschichte der USA aus.

Der Wunsch nach Aufklärung bringt das System ins Wanken

Im Juli 1973 begann das Verschleierungs-Kartenhaus von Präsident Nixon zu wanken. Sein Bürochef Alexander Butterfield erwähnte beiläufig vor Vertretern des Senatskomitees, dass alle Gespräche im Oval Office (Amtszimmer des Präsidenten) von Nixon heimlich aufgenommen wurden.

Als das Komitee Nixon zur Herausgabe des Beweismaterials aufforderte, begann ein langwieriger verfassungsrechtlicher Streit.

Mit Berufung auf die Vertraulichkeit der Gespräche und auf ein verfassungsrechtlich fragwürdiges Privileg der Exekutive gegenüber Kongress und Justiz, verweigerte Richard Nixon die Herausgabe der Tonbänder. Im Sommer und Herbst 1973 wurde das für ihn aufgrund der laufenden Ermittlungen immer schwieriger.

Schließlich verlangte Nixon im Oktober 1973 die Entlassung des Sonderermittlers. Der Präsident hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass sowohl der damalige Justizminister Richardson wie auch sein Stellvertreter es vorzogen, von ihren Ämtern zurückzutreten, statt die Entlassung des Sonderermittlers zu verordnen.

Damit begann der Wendepunkt in der Watergate-Affäre. Die Rufe nach Aufklärung wurden immer lauter und gleichzeitig sank die Reputation des Staatsoberhauptes.

Nixon versuchte weiterhin, die Herausgabe der Tonbänder zu umgehen und die Ermittlungen zu behindern. Aufgrund steigenden Druckes händigte er zunächst sieben Mitschnitte an den Sonderermittler Jaworski und den Richter Sirica verknüpft mit der Bitte aus, diese nur vertraulich anzuhören.

Die Öffentlichkeit empörte sich so stark über das Vorgehen, dass das Weiße Haus im April 1974 eine 1.200 seitige Abschrift der Gesprächsaufnahmen veröffentlichte. Die Mitschrift, die offenbar nicht vollständig war, lieferte keinen Beweis für Nixons Mitwisserschaft oder Veranlassung der Einbrüche.

Das Dokument bewies allerdings, dass sich der Präsident mit seinen öffentlich getätigten Aussagen selbst widersprochen hatte.

Im Juli 1974 forderte das Höchste Gericht Amerikas dann die Herausgabe aller Tonbandaufnahmen. Experten stellten jedoch schnell fest, dass die wichtigsten Aufnahmen gelöscht oder so überspielt worden waren, dass ihr Inhalt nicht mehr deutlich zu verstehen war.

18,5 Minuten des Gesprächs zwischen Richard Nixon und seinem Stabschef Bob Haldeman von drei Tagen nach dem Einbruch des 17. Juni 1972 fehlen vollständig. Nixons Sekretärin Rose Mary Woods erklärte im Verlauf der Ermittlungen, fünf davon versehentlich gelöscht zu haben. Ob das stimmt, und was es mit den anderen fehlenden Minuten auf sich hat, ist für Historiker ein unlösbarer Fall der Geschichte.

Im Juli 1974 leitete das Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten Richard Nixon ein.

Am 5. August 1974 tauchte eine Tonbandaufnahme vom 23. Juni 1972 auf, die bewies, dass Richard Nixon die Verschleierungsaktion rund um den Einbruch in das Hauptquartier der Demokraten selbst angeordnet hatte.

Am 9. August 1974 trat Richard Nixon schließlich von seinem Amt als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zurück.

Warum wurde Richard Nixon nicht verurteilt?

Während einige seiner ehemaligen Mitarbeiter für Vergehen, die Nixon auch begangen hat, zu Haftstrafen verurteilt wurden, wurde er selbst rechtlich nie zur Verantwortung gezogen.

Denn der US-Präsident Gerald Ford, Nixons Nachfolger, erließ am 8. September 1974 einen Straferlass für alle Straftaten, welche Richard Nixon im Zusammenhang mit der Watergate-Affäre eventuell begangen habe.

Ford erklärte seine Entscheidung damit, dass er nach zwei Jahren Politikskandal einen Schlussstrich ziehen wolle. Dafür wurde er 2001 von der John F. Kennedy Library Foundation mit dem "Courage Award" ausgezeichnet.

Die Organisation begründete die Auszeichnung damit, dass Ford das Wohl des Landes vor seine eigenen politischen Interessen gestellt habe. Ob das die wahren Beweggründe waren oder ob Nixon einen Deal mit Ford ausgehandelt hatte, wird die Öffentlichkeit wohl nie erfahren.

Keine vollständige Aufklärung auch nach 45 Jahren

So sind bis heute - 45 Jahre nach dem Einbruch - nicht alle Umstände über die wahren Beweggründe, Machenschaften und Verwicklungen bekannt.

Viele der damaligen Protagonisten haben ihr Wissen mit ins Grab genommen. Damit bleibt die Watergate-Affäre ein bis heute nicht vollständig gelöster Kriminalfall in der Geschichte der USA.

2.636 Stunden an Tonaufnahmen, die im Weißen Haus zwischen Februar 1971 und Juli 1973 aufgenommen wurden, sind heute über die Richard-Nixon-Bibliothek in Kalifornien öffentlich zugänglich. Wir dürfen gespannt sein, ob es irgendwann weitere Erkenntnisse zur Lüftung der Geheimnisse der Mächtigen geben wird.

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