Neben CO2 und Methan treibt ein weiteres Gas den Klimawandel voran: Distickstoffmonoxid - besser bekannt als Lachgas. Es wird vor allem in der Landwirtschaft, aber auch in Mooren und Flüssen freigesetzt. In der Elbe haben Forschende nun sogenannte Hotspots entdeckt.
Partydroge, Geburtshilfe oder Narkosemittel. Daran denken wohl die meisten, wenn von Lachgas die Rede ist. Was viele nicht wissen: Es wird unter anderem auch in der Landwirtschaft eingesetzt und auf natürliche Weise in Böden gebildet. Und: Lachgas ist extrem klimaschädlich.
Lachgas fast 300-mal klimaschädlicher als CO2
In der Landwirtschaft und der Tierhaltung wird nicht nur Methan freigesetzt, sondern auch Lachgas, etwa durch stickstoffhaltige Düngemittel. Werden die organischen und mineralischen Düngemittel nicht von den Pflanzen aufgenommen, kann sich daraus im Boden Lachgas bilden. Es entsteht als Nebenprodukt, wenn Stickstoff mikrobiell umgesetzt wird, was vor allem bei sogenannten Nitrifikations- und Denitrifikationsvorgängen der Fall ist.
Der Anteil ist erheblich: Laut dem Bundesinformationszentrum Landwirtschaft machen Lachgas-Emissionen einen Anteil von 39 Prozent an den Treibhausgas-Emissionen aus der deutschen Landwirtschaft aus. Insgesamt sind landwirtschaftliche Emissionen für etwa zwei Drittel des vom Menschen verursachten Lachgases weltweit verantwortlich. Aber auch in anderen Wirtschaftszweigen wird das Gas freigesetzt, etwa bei chemischen Prozessen in der Industrie oder Verbrennungsprozessen.
Distickstoffmonoxid – kurz N2O – kommt neben Kohlendioxid (CO2) und Methan eher selten zur Sprache, wenn es um den Klimawandel geht. In Deutschland hat es mit 3,2 Prozent auch einen recht geringen Anteil an den gesamten Treibhausgasemissionen, weltweit sind es rund sieben Prozent. Es ist allerdings rund 300-mal so klimaschädlich wie CO2. Das süßlich riechende Gas verbleibt zudem mehr als 100 Jahre in der Atmosphäre und zerstört die schützende Ozonschicht der Stratosphäre. Zum Vergleich: Methan bleibt rund zwölf Jahre in der Atmosphäre.
Die Lachgaskonzentration in der Atmosphäre hat innerhalb der vergangenen 20 Jahre stark zugenommen, berichtet das Umweltbundesamt. In Deutschland sind die Emissionen seit 1990 zwar gesunken und haben sich mehr als halbiert. Dennoch muss aus Sicht von Forscherinnen und Forschern mehr getan werden, um Lachgasemissionen zu verringern. Etwa durch besseres Düngungsmanagement in der Landwirtschaft: Denn bislang geht ein großer Teil des gedüngten Stickstoffs verloren, Pflanzen nehmen weniger als zwei Drittel davon beim Düngen auf.
"Die Dringlichkeit des Klimawandels erfordert, dass alle Treibhausgasemissionen so schnell reduziert werden, wie es technisch und wirtschaftlich machbar ist," sagt etwa Eric Davidson, Professor am Zentrum für Umweltforschung der Universität Maryland. Er hat sich in einer Studie mit technischen Maßnahmen zur Reduzierung von Lachgas-Emissionen beschäftigt. "Die Begrenzung von Lachgas in der Landwirtschaft ist aufwendig, aber die Reduzierung in der Industrie ist erschwinglich und sofort verfügbar", schlussfolgert er. "Diese Gelegenheit sollte man schnell nutzen."
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Lachgas wird auch in Mooren und Flüssen freigesetzt
Zwar kommt ein großer Teil der Lachgas-Emissionen aus der Landwirtschaft, aber es gibt auch andere Quellen in der Umwelt. So speichern Moore neben anderen Gasen große Mengen Stickstoff. Werden Moore trockengelegt – wie es häufig der Fall ist –, werden die dort enthaltenen Gase freigesetzt. Moore wiederherzustellen, ist laut dem Naturschutzbund Deutschland unter anderem deshalb immens wichtig.
Studien zeigten auch, dass Lachgas freigesetzt wird, wenn der Permafrost taut. Ein internationales Forschungsteam untersuchte den Yedoma-Permafrost; diese Bodenvariante ist vor allem in Ostsibirien und Alaska verbreitet. Allein in dieser Region fanden die Forschenden 41,2 Gigatonnen Stickstoff - eine überraschend hohe Menge. Tina Sanders, Wissenschaftlerin am Hereon-Institut sagt dazu: "Ein Teil des freigesetzten Stickstoffs wird aber auch in die Flüsse ausgewaschen und gelangt so in den Arktischen Ozean." Die Frage, wann, wo und in welchen Mengen Lachgas vor allem in die Luft entweicht, sei noch nicht ausreichend beantwortet, berichtet das Helmholtz-Zentrum Hereon weiter.
Klar ist: Neben Böden und Mooren tritt Lachgas auch aus Flüssen aus. Unter anderem gibt es in der Elbmündung sogenannte Hotspots, wie eine Untersuchung des Helmholtz-Zentrums Hereon zeigt. Mehrere Jahre lang und zu unterschiedlichen Jahreszeiten untersuchte ein Team um Doktorandin Gesa Schulz die Elbmündung von Geesthacht östlich von Hamburg bis in die Nordsee. Von Abschnitt zu Abschnitt änderte sich die Menge – allerdings setzte die Elbe das ganze Jahr über Lachgas frei.
Als Hauptquelle nennt die Forscherin in einer Mitteilung des Zentrums die Landwirtschaft. "Vor allem im Winter, wenn die Pflanzen nicht wachsen und kaum Stickstoff aufnehmen, gelangt mit dem Regen und dem schmelzenden Schnee viel Stickstoff in den Fluss." Biochemische und mikrobielle Prozesse wandeln den Stickstoff dann zum Teil in Lachgas um. Hotspots sind der Hamburger Hafen und der Mündungsabschnitt von Cuxhaven bis hinter Brunsbüttel.
Auch Algenblüten erzeugen laut den Forschenden Lachgas. Sterben diese ab und werden zersetzt, tritt das Gas aus. Aus der Studie möchte das Team aber auch positive Schlüsse ziehen. Sie mache Hoffnung, den Ausstoß von Lachgas gezielt bekämpfen zu können, heißt es.
Verwendete Quellen:
- Website des Umweltbundesamtes
- Website des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft
- Website des Naturschutzbundes Deutschland
- Pressemitteilung des International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA): "Verfügbare technische Maßnahmen können Lachgas-Emissionen kostengünstig eindämmen" (05.07.2023)
- Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrums Hereon: "Flussmündungen als Klimagas-Hotspot" (07.08.2023)
- Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrums Hereon: "Im Permafrost steckt mehr Stickstoff als gedacht" (07.11.2022)
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