Von invasiven Arten hat wohl jeder schon gehört - was für weitreichende Folgen sie haben, wissen aber viele nicht. Wir erklären, wie es zu invasiven Arten kommt und was sie gefährlich macht.
"Wir wussten, dass dieser Tag kommen wird": Es ist keine gute Nachricht gewesen, die ein Forscherteam vom spanischen Institut für Entwicklungsbiologie diese Woche zu verkünden hatte. Die Wissenschaftler informierten über die Entdeckung Dutzender Nester - das heißt Tausender Tierchen - der invasiven Roten Feuerameise. Sie rechnen damit, dass das aggressive Tier sich nun rasch in Europa ausbreiten wird.
Invasive Arten gefährden das Ökosystem
Was aber sind invasive Arten überhaupt und warum sind sie generell ein Problem?
Wenn Menschen um die Welt reisen, sind sie häufig nicht allein. Muscheln etwa haften sich an Schiffe und gelangen so in andere Meere. Pflanzensamen werden in Koffer gepackt und reisen mit. Auch mit importierten Waren kommen oft ungebetene Passagiere mit. Dadurch verbreiten sie sich in Gebieten, in denen sie nicht heimisch sind - entweder zufällig eingeschleppt oder absichtlich dort angesiedelt. Diese Tiere und Pflanzen sind in der neuen Heimat oft ein Problem. Man nennt sie invasive, also "eindringende" Arten.
Die neuen Tiere und Pflanzen haben zum Beispiel keine Fressfeinde und können sich deswegen rasend schnell ausbreiten. So verdrängen sie heimische Arten. Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) erklärte kürzlich in einem Bericht, invasive Arten seien eine große Bedrohung für die Natur.
Rote Feuerameise bedeutet nichts Gutes
Bei der Roten Feuerameise, die Europa erreicht hat, kommt hinzu, dass sie für Menschen höchst unangenehm ist. Sie gilt als aggressiv, ihre Bisse schmerzen und verursachen juckende Pusteln. Für Allergiker bedeuten sie im Extremfall sogar Lebensgefahr.
Die Art wurde ursprünglich aus Südamerika in die USA eingeschleppt, wo sie sich etwa seit den 1930er Jahren rasant vermehrt. In mehreren US-Regionen reduzierten sich heimische Ameisen dadurch drastisch. Ein weiteres Problem: Sie richtet hohe Ernteschäden an.
Nach Informationen des Naturschutzbundes (Nabu) richtet sie in den USA jedes Jahr rund 750 Millionen Dollar Schaden an. Sie sei imstande, die natürliche Insektenwelt nahezu auszurotten.
Mehr als 3.500 invasive Arten bedrohen Natur
Insgesamt sind vorsichtigen Schätzungen zufolge mittlerweile 37.000 gebietsfremde Arten durch das Einwirken des Menschen aus ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in andere Regionen gebracht worden. Etwa 3.500 dieser Arten richten Schäden an - sie sind die invasiven Arten. Hier drei Beispiele:
- Hausratte: Sie stammt aus Asien, kam aber schon vor Tausenden Jahren mit den Menschen nach Europa. Seither fressen die Ratten nicht nur Vorräte auf und gefährden die Hygiene, sondern spielen auch eine bedeutende Rolle bei der Ausbreitung von Krankheiten. Über Schiffen gelangte sie in diverse Teile der Erde. Sie ist für das Aussterben von mehreren Tieren mit oder allein verantwortlich, vor allem auf abgelegenen Inseln. Dazu gehören Arten von Vögeln, kleinen Säugetieren, Reptilien und Pflanzen.
- Wandelröschen: Dieser Strauch hat wunderschöne Blüten, die in tropischen Gebieten das ganze Jahr über blühen. Das ist ein Grund, warum er so gerne als Zierpflanze angebaut wird. Doch der Strauch wuchert stark - oft gibt es dann kein Durchkommen mehr. Auch ist die Pflanze giftig, sodass immer wieder Nutztiere sterben, wenn sie sie fressen. Und das Wandelröschen verdrängt heimische Pflanzen in anderen Ländern der Welt. In Südafrika wurde der Verkauf der Pflanze deswegen verboten.
- Zebramuschel: Diese Süßwasser-Muschelart reist in Ballastwasser durch die Welt. Dieses Wasser nehmen Schiffe auf, um stabil zu sein, und geben es später wieder ab. Heutzutage finden sich Zebramuscheln zum Beispiel in Deutschland in den Rohren von Kraftwerken. Dadurch werden die Rohre verstopft. In den USA werden die Zebramuscheln dafür verantwortlich gemacht, Wasservögeln in Seen zu schaden. Außerdem verletzen sich immer wieder Schwimmer und Angler an den scharfen Kanten der Muscheln.
Die jährlichen wirtschaftlichen Kosten betrugen dem Bericht zufolge im Jahr 2019 423 Milliarden Dollar (392 Milliarden Euro).
Experten rechnen mit hoher Dunkelziffer
Für Deutschland gibt das Bundesamt für Naturschutz (BfN) 900 gebietsfremde Arten an, von denen etwa 90 invasiv sind. "Diese Zahlen sind sehr zurückhaltend", sagt dazu der IPBES-Experte Hanno Seebens. "Nach unseren Datenbanken haben wir in Deutschland mindestens 2.600 etablierte gebietsfremde Arten, von denen ein Teil invasiv ist." All diese Zahlen bezögen sich nur auf dokumentierte Arten - es gebe mit Sicherheit eine hohe Dunkelziffer. (dpa/af)
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