Die Deutschen sind Profis im Mülltrennen. Viele fahren ihren Müll regelmäßig auf Wertstoffhöfe oder nutzen die entsprechenden Tonnen für ihre Abfälle. Doch lohnt sich dieser Aufwand wirklich oder landet am Ende doch nur alles in ein und derselben Verbrennungsanlage?

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Das Aufkommen der haushaltstypischen Siedlungsabfälle ist in den vergangenen Jahren in Deutschland stark angestiegen. 45,9 Millionen Tonnen Müll fallen hierzulande pro Jahr an.

Den größten Teil macht der Hausmüll aus, der über die öffentliche Müllabfuhr eingesammelt wird. Dazu kommen entsorgte Elektrogeräte, Kunststoffe, Papier, Glas, Garten- und Bioabfälle sowie Sperrmüll.

So kamen laut Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat im Jahr 2016 pro Kopf 626 Kilogramm Siedlungsabfälle zusammen. Damit belegt Deutschland Platz 6 in Europa. Noch mehr Müll gab es unter anderem in Dänemark, auf Zypern und Malta.

Aber in Sachen Mülltrennung sind viele Deutsche vorbildlich: Glas kommt in den Glascontainer, Zeitungen in die Papiertonne, Joghurtbecher in den gelben Sack.

Einige andere Nationen legen darauf gar keinen Wert und auch in Deutschland gibt es viele Menschen, die ihren Müll einfach in ein und dieselbe Tonne werfen.

Denn es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Mülltrennung eigentlich vergebliche Liebesmüh sei. Also: Was passiert wirklich mit unseren Abfällen?

Vieles davon wird tatsächlich weiterverwertet

Regine Vogt, Wissenschaftlerin für Abfallwirtschaft und Ressourcenschonung vom Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) in Heidelberg kennt die Antwort: "Dass alles unsortiert in einer Verbrennungsanlage landet, kann ich ganz klar verneinen. Der Inhalt der Bioabfalltonne geht zum Beispiel in Kompostierungs- und Vergärungsanlagen."

Daraus werden dann unter anderem hochwertige Komposte für Landwirtschaft oder Gartenbau gewonnen. Auch als Ersatz für Torf macht sich der kompostierte Abfall aus der Biotonne gut.

Bereits vor rund 27 Jahren hat man in Deutschland damit begonnen, den Bioabfall getrennt zu sammeln und zu kompostieren. "Seitdem ist die Menge der verwerteten Bioabfälle kontinuierlich angestiegen", erklärt das Umweltbundesamt auf seiner Internetseite.

Doch bei der Weiterverwertung von Bioabfall hört es noch lange nicht auf. "Glas wird in Glashütten aufbereitet, Papier landet in Papierfabriken und kommt nicht in die Verbrennung. Auch bei Kunststoff wird sortiert und recycelt. Oft werden daraus Ersatzbrennstoffe gemacht. Diese werden dann zum Beispiel in Zement- und Kohlekraftwerken verwendet, um den Einsatz von fossilen Brennstoffen zu vermeiden", so die Expertin weiter.

Alles, was im Gelben Sack oder der Gelben Tonne landet, kommt also in der Regel erst in eine Sortieranlage. Und nur, was am Ende noch übrigbleibt, landet in der Verbrennungsanlage.

Das Problem mit dem Plastikmüll

Laut Umweltbundesamt wurden im Jahr 2015 79 Prozent der erzeugten Abfälle in Deutschland wiederverwertet. 68 Prozent davon stofflich, 11 Prozent energetisch. Energetische Nutzung bedeutet jedoch übersetzt schlichtweg Verbrennung.

Dazu gehört Abfall mit einem niedrigen Brennwert. Der kommt zusammen mit dem Restmüll in die Verbrennungsanlagen. Die daraus entstehende Energie wird teilweise als Fernwärme zur Haushaltsversorgung verwendet.

Beim Recycling von Kunststoffen ist laut Regine Vogt jedoch "noch viel Luft nach oben". So wird in Deutschland noch immer knapp mehr als die Hälfte der gesammelten Kunststoffe verbrannt.

Damit Kunststoff sinnvoll wiederverwertet werden kann, müsste er vorher penibel nach den unterschiedlichen Arten sortiert werden. Weißblech muss zu Weißblech, Aluminium zu Aluminium und PET zu PET.

Diese Art von Sortierung ist teuer und aufwendig, verbrennen ist billiger. Deshalb verzichten viele Abfallentsorgungsbetriebe auf die Anschaffung der hochpreisigen Sortiermaschinen, die diese Aufgaben beherrschen.

Ökologische Gründe sprechen für die Mülltrennung

Auf die Frage, ob Mülltrennung denn nun unterm Strich sinnvoll ist oder nicht, hat die Expertin eine klare Antwort: "Wenn man Wertstoffe zurückgewinnt beziehungsweise getrennt erfasst, gibt es einen klaren ökologischen Vorteil im Gegensatz zur Primärproduktion. Denn bei der Müllverbrennung entsteht zwar Energie, aber bei der Primärproduktion wird nochmal deutlich mehr Energie benötigt. Hier gibt es ein Ungleichgewicht."

Wer die Umwelt und die Ressourcen schonen möchte, der sollte also weiterhin seinen Müll trennen. Zwar gibt es in vielen Abfallentsorgungsbetrieben bereits hochmoderne Sortieranlagen, die die Mülltrennung übernehmen - sie sind jedoch nicht überall vorhanden und die manuelle Sortierung hat sich in den vergangenen Jahren bewährt.

"Die sogenannten Fehlwurfquoten sind deutlich geringer, weil viele Bürgerinnen und Bürger sich an die Mülltrennung gewöhnt haben und es richtig machen", erklärt Vogt.

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