Nicht nur dieser Sommer war rekordverdächtig. Auch der Herbst war bisher deutlich zu warm und trocken. Während einige Bäume wegen Dürre ihr Laub schon verfrüht fallen haben lassen, sind andere noch sommerlich grün. Grund ist wieder - die Wärme.
Ein goldener Oktober neigt sich dem Ende zu. Und viele Laubbäume sind immer noch grün. Zu grün.
Nicht nur in Mitteleuropa tragen viele Laubbäume noch ihr Sommerkleid. In vergleichbaren Breitengraden der USA hat sich die Baumverfärbung ebenfalls deutlich verzögert: Laut "The Foliage Network", das den zeitlichen Verlauf der Baumverfärbung im Nordosten, Mittleren Westen und Südosten der USA analysiert, wurde ein solcher Herbst bisher noch nie registriert.
Zwar steht der durchschnittliche Höhepunkt der Verfärbung erst bevor, um diese Zeit ist sie aber normalerweise deutlich weiter fortgeschritten.
Diese Verspätung ist kein lokales Phänomen: Auch deutlich weiter im Nordosten der USA halten sich die Blätter aktuell länger an den Bäumen, als das sonst der Fall ist.
Chemischer Prozess löst Farbenspiel aus
Erklären lässt sich das mit den spätsommerlichen Temperaturen, die auch in unseren Breiten bis zum vergangenen Wochenende vorherrschten: Erst wenn es in der Nacht kalt wird, löst das die Umwandlung von Stärke in Zucker aus - und die Blätter verfärben sich.
Die Blätter von Laubbäumen tragen von ihrem Sprießen im Frühjahr an bis zum Herbst verschiedene Farbstoffe in sich. Im Sommer werden die roten und gelben allerdings vom Chlorophyll überlagert.
Im Herbst zerlegt der Baum das Blattgrün in seine Bestandteile und lagert sie in Stamm und Wurzeln fürs Frühjahr ein - und die anderen Farbstoffe kommen zum Vorschein. Karotinoide färben die Blätter gelb. Anthocyane, die sich erst durch chemische Umwandlungsprozesse in den absterbenden Blättern bilden, lassen sie tiefrot leuchten.
Blätter fallen insgesamt immer später
In unseren Breiten startet der sogenannte Vollherbst rund um den 19. September, wenn die Früchte der Stiel-Eiche und der Rosskastanie zu Boden fallen. Durchschnittlich beginnen die Blätter, sich zwischen dem 24. September und dem 11. Oktober zu verfärben.
Der Spätherbst beginnt statistisch betrachtet am 16. Oktober: Dann fallen die Blätter auch. Späte Jahre waren etwa 1991 und 2006, in denen das Laub erst um den 20. Oktober zu fallen begann. Im linearen Trend tritt der Spätherbst immer später im Jahr ein.
In Dürreregionen wurde der normale Zyklus dieses Jahr jedoch verändert oder sogar beschleunigt. Wenn es an Wasser fehlt, bekommen die Bäume sogenannten Trockenstress.
Zum Schutz minimiert der Baum seine "Transpirationsfläche" - er entzieht dem Laub das Wasser und bildet Reservespeicher in Wurzeln und Stamm. Dann fallen die Blätter frühzeitig ab.
Verwendete Quellen:
- Washington Post: "'We’ve never seen anything like this': Fall foliage is still missing in action across the Mid-Atlantic"
- The Foliage Network: Foliage Reports
- Wetter.de: "Wann und warum verfärbt sich das Laub?"
- Deutscher Wetterdienst: "Der Herbst - eine farbenfrohe und abwechslungsreiche Übergangsjahreszeit"
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