• Den Drang, sich immer weiter durch alarmierende Nachrichten zu klicken, nennt man Doom-Scrolling.
  • Gerade in der Pandemie werden wir täglich von negativen Informationen überschwemmt und doch entziehen wir uns ihnen.
  • Doch die ständige Konfrontation belastet unsere Psyche.

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Schaut man aktuell Nachrichten oder scrollt durch den Instagram-Feed, zeichnet sich ein düsteres Bild ab, das für manche unweigerlich die Frage mit sich bringt, wo das noch alles hinführen soll. Und dennoch kann man einfach nicht damit aufhören, sich immer weiter durch die alarmierenden Nachrichten zu klicken. Ein Phänomen, das einen Namen hat: Doom-Scrolling.

Gegenüber deutschlandfunkkultur.de ordnet Moritz Petzold, Psychologe an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité in Berlin, das Phänomen ein. Zu Beginn einer Ausnahmesituation wie der Corona-Pandemie regelmäßig nach Informationen zu suchen, sei völlig normal. Zudem sei es auch normal, in Gefahrensituationen die Aufmerksamkeit eher auf die bedrohlichen Dinge zu legen. Gerade hier liegt aber das Problem – es kann sich zu einem Teufelskreis entwickeln.

"Wenn man sich bedroht fühlt, dann mehr versucht, Informationen über die Bedrohung zu bekommen, sich dann noch mehr bedroht fühlt und immer weiter auf negative Informationen fokussiert – dann kann sich da eben so ein Strudel entwickeln, der mit diesem Modebegriff jetzt auch bezeichnet wird."

Der "Modebegriff", den Petzold anspricht, lautet eben Doom-Scrolling - zu Deutsch so viel wie "Untergangsscrollen". Petzold selbst wirkte bereits zu Beginn der Pandemie an einer groß angelegten Studie mit rund 6.500 Teilnehmern mit, deren Ergebnisse zwar mit Vorsicht zu genießen sind, aber dennoch einen interessanten Einblick gewähren. Wer sich demnach länger in den Medien mit Corona beschäftigte, habe auch ein höheres Ausmaß an psychischer Belastung gezeigt. Bei Menschen, die Social Media als ihre primäre Informationsquelle nutzten, war die Belastung noch einmal höher. 

Die Rolle der sozialen Medien

Die Sache mit den sozialen Medien verwundert dabei eher weniger. Vor allem Facebook oder Instagram verdienen ihr Geld mit Nutzerdaten, die sie dann wiederum an Werbepartner verkaufen können. Je besser diese Nutzerdaten, desto mehr wird daran verdient. Und je länger man auf der jeweiligen Plattform verweilt, desto besser die Nutzerdaten.

Aus diesem Grund sind auch die individuellen Feeds schon längst Standard, die uns mit Inhalten versorgen, die uns vielleicht nicht guttun, aber uns am Scrollen halten. Heißt konkret: Wenn ich gerade 2020 noch jede Brotkrume über das Coronavirus aufgeklaubt habe, hat mir Instagram sie sehr gerne gegeben. Je extremer die Headline, desto besser, denn umso eher hat sie meine Aufmerksamkeit erhalten.

Und was kann man dagegen tun? Nun, ein erster wichtiger Schritt ist die Problematik zu verstehen und die Muster bei sich selbst zu erkennen. Der zweite muss unweigerlich das Reflektieren über den eigenen Medienkonsum sein, wenn man erkennt, dass die aktuelle Nachrichtenbeschaffung mehr schadet, als das sie hilft.

Das Gegenteil von Doom-Scrolling ist übrigens "Gleefreshing" und dreht sich um den Konsum von positiven Nachrichten. Denn bei aller Weltuntergangsstimmung sollte man nie vergessen, dass es immer zwei Seiten der Medaille gibt.

Dies ist ein journalistisches Angebot des Online-Magazins ZEITjUNG.
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