Mit den Jahren lernen wir dazu – über das Leben, über andere und über uns selbst. Einiges fügt sich ganz einfach, anderes müssen wir vielleicht auf die harte Tour lernen. Was wissen Sie heute, was Sie gerne schon in jungen Jahren gewusst hätten?

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Diese Fragen stellen wir unseren Leserinnen und Lesern in unserem neuen Format "Was ich mit 18 gern gewusst hätte ..." zu bestimmten Themen. Diesmal geht es um den Job. Die Redaktion bedankt sich bei allen, die auf unseren Aufruf geantwortet haben.

Ihre Antworten:
Diese Erfahrungen haben unsere Leserinnen und Leser im Arbeitsleben gemacht

Vom Alles-haben-Wollen und -Bekommen

"Familie und Beruf, ich wollte beides, genau wie bekannte Schriftstellerinnen, beispielsweise Kirsten Boje. Das habe ich erreicht, indem ich mich bewusst dazu entschieden habe, Teilzeit zu arbeiten und nicht Vollzeit. Das führte dazu, dass ich nach meinem Job als Bürokauffrau noch genügend Energie für meine Tochter hatte. Heute ist es durch das Arbeiten im Homeoffice in einigen Berufen noch einfacher, das Berufs- und das Familienleben zu verbinden. Oder frei gewordene Zeitfenster für die Online-Weiterbildung zu nutzen, das habe ich dann getan, als meine Tochter älter wurde.

"Ich habe durch das intakte Familienleben meinen 'Akku' für das Arbeitsleben aufgefüllt."

Auf diese Art und Weise habe ich durch das intakte Familienleben meinen 'Akku' für das Arbeitsleben aufgefüllt und sogar noch restliche Reserven für die Weiterbildung gehabt."

Monika, 60 Jahre

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Vom Nicht-vorbereitet-Sein

"Als ich mich für einen Beruf entscheiden sollte, fehlten mir Informationen über meine Möglichkeiten als Hauptschülerin sehr. Einmal kam eine ältere 'Berufsberaterin' kurz in eine Unterrichtsstunde. Sie sagte, man könne ins Büro oder in eine Fabrik gehen. Auf ihre Frage, ob wir wüssten, was wir machen wollten und keiner von uns eine Antwort hatte, sagte sie, wir hätten ja noch ein bisschen Zeit, und ging wieder. Obwohl ich beste Noten hatte, sich mein Klassenlehrer bei meinen Eltern sehr dafür einsetzte und ich es mir sehr gewünscht hatte, durfte ich nicht auf das Gymnasium gehen – weil ich ein Mädchen war und doch bald heiraten würde. Dann wäre ja alles umsonst...

"Mir fehlten Informationen über meine Möglichkeiten als Hauptschülerin."


Ich bin dafür, dass Berufstätige und Unternehmen bereits ab der Grundschule ihre Berufe mit Vor- und Nachteilen, Voraussetzungen und eventuellen Verdienst- und Erweiterungsmöglichkeiten in allen Schulen vorstellen. Am besten auch mit schriftlichen Informationen, die man sich zu Hause in Ruhe ansehen kann. Es sollten auch viel mehr Praktika in Betrieben gemacht werden mit anschließendem Bericht vor der Klasse. Und was wissen Schüler über den 'zweiten Bildungsweg' oder 'Quereinsteigen'?"

Elena, kein Alter angegeben

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Vom Zurückschauen

"Mit dem Wissen von heute und nur auf das Arbeitsleben bezogen, würde ich 1984 Lehramt studiert haben. Damals meinte man, dass die Jobaussichten nicht so rosig seien... also hab ich's gelassen."

Gernot, 61 Jahre

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Vom Gefühl, auf der Stelle zu treten

"Ich hätte gerne gewusst, dass sich eine Ausbildung für eine Frau überhaupt nicht rechnet. Ohne Studium tritt man ewig auf der Stelle und wird scheinbar von allen Männern auf diesem Planeten rechts überholt.

"Man wird scheinbar von allen Männern auf diesem Planeten rechts überholt."

Gerade wenn Frauen dann Kinder haben, nur noch auf Basis arbeiten können, ist es egal, ob sie die Beste ihres Jahrgangs war oder ob sie jemals lesen und schreiben gelernt hat. Das ist sehr, sehr traurig. Vereinbarkeit von Kindern und Beruf, das wird Frauen seit Generationen nicht leicht gemacht. Vor allem die 'Gender Pay Gap' erwähnt schon keine Frau mehr, ist ja selbstverständlich geworden."

Melanie, 45 Jahre

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Vom Alltag mit tausend Kühen

"Ich bin gelernte Tierwirtin und leite gemeinsam mit einem Kollegen eine Milchviehherde von tausend Kühen. Früher habe ich mir oft die Frage gestellt, ob ich dem gewachsen bin. Nach nicht einmal einem Jahr habe ich festgestellt, dass nicht die vielen Kühe, sondern die Menschen, die für sie arbeiten, die größere Herausforderung sind.

"Ich habe festgestellt, dass nicht die vielen Kühe, sondern die Menschen, die für sie arbeiten, die größere Herausforderung sind."

[...] Am Anfang habe ich mir generell viel zu viele Gedanken gemacht. Mit der Zeit lernt man, ruhiger zu werden, den Dingen Zeit zu geben und auch nicht über das zu grübeln, was man eh nicht ändern kann. Ich liebe meinen Beruf, für mich ist er eine Berufung. Vor allem mein Mann hält mir den Rücken frei, auch mit zwei Kindern kann man als Frau diesen Weg gehen. […] Auch wenn es in der Öffentlichkeit leider kein hoch angesehener Beruf ist, ich würde diesen Weg jederzeit wieder gehen. Für mich gibt es nichts Schöneres, als morgens, wenn alle anderen noch schlafen, aufzustehen, Gummistiefel anzuziehen und im Stall bei den Kühen durchzulaufen und zu sehen, dass alle gesund sind."

Christin, 33 Jahre

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Vom Unterschiede-Erkennen

"Ich hätte als Teenager gern gewusst, dass man in manchen Jobs so wenig verdient, dass man auch bei Vollbeschäftigung nicht davon leben kann bzw. man mit Sozialleistungen aufstocken muss. Und dass es Unterschiede im Ansehen bei Berufen gibt, auch wenn man für jeden dieser Jobs drei Jahre lernen muss. Auch hätte ich gern gewusst, dass manche Akademiker auf Nichtakademiker herabsehen, selbst wenn die Akademiker nicht intelligenter sind."

Susanne, kein Alter angegeben

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Vom Konsequenzen-Tragen

"Zunächst einmal wäre es sehr sinnvoll für mich gewesen, in verschiedene Berufe hineinzuschnuppern. Da in meiner Familie noch nie jemand studiert hatte und sich auch keiner an die Thematik herangetraut hätte, wäre in dieser Hinsicht ein Ansprechpartner gut gewesen, der mir vielleicht auf diesem Weg hätte helfen können – zwei meiner Kinder haben studiert und für sich sehr erfolgreiche Wege dadurch gehen können.

Da ich weiß, wie wenig Rente ich bekomme – obwohl ich auch in der Selbstständigkeit immer weiter eingezahlt habe – hätte ich hier eine intensive Beratung für sinnvoll gehalten. Als ich die Selbstständigkeit in Erwägung zog, hat mich die Sachbearbeiterin vom Arbeitsamt geradezu überredet, diesen Schritt zu gehen. Welche Konsequenzen das aber hatte, das habe ich erst mit der Zeit erfahren, und ich gehe davon aus, dass sich die Sachbearbeiterin darüber auch nicht im Klaren war.

"Mein Weg verlief immer mit vielen Ecken und Kanten, Umwegen und Nebenstrecken, die ich aber nicht missen möchte."

Im Großen und Ganzen bin ich aber zufrieden mit meinem Werdegang. Ich hätte ihn aber ohne Partner nicht so absolvieren können – den größten finanziellen Teil unseres Lebensunterhalts hat mein Mann beigetragen. Wäre ich allein gewesen, hätte ich nicht genug für Miete und Essen, geschweige denn mal einen Urlaub, gehabt. Mein Weg verlief immer mit vielen Ecken und Kanten, Umwegen und Nebenstrecken, die ich aber nicht missen möchte. Und wie der Kölner so sagt: Et kütt, wie et kütt un et hätt noch immer jot jejange."

Anne, kein Alter angegeben

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Vom Andersmachen

"Ich hätte gerne in dem Alter gewusst, dass ich einen Job mit Zukunftsaussichten nehmen sollte und einen Job, der mich in Teilzeit mit Kindern als Singlemama trägt.

"Ich hätte einen Job nehmen sollen, der mich als Singlemama trägt."


Ich habe Event Management studiert nach einer Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin … Das bringt mir jetzt nicht mehr viel, schade!"

Daniela, kein Alter angegeben

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Vom Ausprobieren

"Mein Tipp für das Arbeitsleben: Immer der Nase nach! Ich liebe Bücher, also wurde ich Buchhändlerin. Nach drei Jahren Ausbildung konnte ich keine Kunden mehr sehen. Also fing ich beim Theater an als Regieassistentin. Davon leben kann man nicht. Nach einem Umweg über Büroarbeit für eine Versicherung machte ich eine Lehre als Schneiderin. Auch davon kann man nicht leben.

Dann lief mir ein Mann aus dem Ausland über den Weg. Wir heirateten. Durch ihn kam ich (auch ohne Abitur) an eine der besten Universitäten der Welt. Ich studierte Psychologie. Dann war ich schwanger und die Ehe am Ende. Ich kam zurück nach Deutschland und war von Beruf 'Alleinerziehend'.

"Außerhalb der Arbeitszeit verschwendete ich keinen Gedanken an den Job."

Kurze Zeit habe ich mich beim Jobcenter durchgewurstelt. Dann landete ich bei einem der größten Institute Deutschlands. Meine Sprachkenntnisse waren von Vorteil. In den Folgejahren hätte ich einige Chancen gehabt, in London und Paris. Aber ich war ja alleinerziehend und entsprechend fokussiert. Es war aber auch sehr angenehm, dass ich außerhalb der Arbeitszeit keinen Gedanken an den Job verschwendete. Von dem guten Gehalt konnte ich mir schöne Fernreisen leisten. Jetzt bin ich in Rente und es reicht so zum Leben. Übrigens: Meine Tochter ist Försterin aus Leidenschaft. Es war für sie EINE Entscheidung und EIN Weg."

Elisabeth, 68 Jahre

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