"Gib mir Tilidin, ja, ich könnte was gebrauchen", heißt es in einem Song der Rapper Samra und Capital Bra. Lieder wie können einen gefährlichen Einfluss auf junge Menschen haben, sagen Experten. Sie greifen immer öfter zu Opioiden.

Mehr zum Thema Gesellschaft & Psychologie

Experten warnen, dass immer mehr junge Menschen in Deutschland starke Schmerzmittel wie Tilidin oder Oxycodon missbrauchen. In manchen Substitutionspraxen und Suchtkliniken beträgt der Anteil junger Personen zwischen 15 und 20 Prozent, wie es in einem aktuellen Bericht des Münchner Instituts für Therapieforschung heißt. Vor einigen Jahren sei der Anteil noch sehr gering gewesen.

Tilidin, Tramadol und Oxycodon

  • Tilidin, Tramadol und Oxycodon sind synthetische Opioide, die als zugelassene Medikamente eigentlich zur Behandlung von starken Schmerzen eingesetzt werden.
  • Wie auch Fentanyl gehören sie zu einer Gruppe neuerer Drogen.

Konsumenten schlecht über Risiken informiert

Viele junge Menschen wüssten gar nicht, wie gefährlich die Drogen seien und dass die Tabletten süchtig machen könnten, heißt es in dem Bericht. Einen Beitrag dazu leiste die Rap- und Hip-Hop-Szene, in welcher der Konsum von Tilidin oft verharmlost oder sogar glorifiziert werde.

Suchtexperten berichten von jüngeren Konsumenten, die zunächst Tilidin konsumierten und dann auf das stärker wirksame Oxycodon umstiegen. Später greifen manche von ihnen auch zu Heroin und gehen in Substitutionsbehandlung.

Problematisch ist dem Bericht zufolge auch die Verbreitung gefälschter Tabletten, die statt der angegebenen Inhaltsstoffe Fentanyl oder andere Opioide enthalten. Im Herbst 2024 habe der deutsche Zoll erstmals rund 1.000 Tabletten sichergestellt, die als Oxycodon-Tabletten deklariert waren, aber zwei Stoffe aus der Gruppe der Nitazene sowie Benzodiazepine enthielten.

Situation nicht mit USA vergleichbar

Ein steigender Konsum und eine hohe Verfügbarkeit von Fentanyl wird vor allem aus dem Osten Deutschlands berichtet, aus anderen Landesteilen weniger, wie es im Bericht heißt.

Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, sagte beim Besuch einer Notaufnahme in Berlin: "Wir haben keine Opioidkrise wie in Amerika." Es gebe aber erste Tendenzen und Anzeichen, auf die man sich vorbereiten müsse, damit es nicht schlimmer werde.

In den USA waren 2023 rund 75.000 Todesfälle aus synthetischen Opioiden wie Fentanyl zurückzuführen. In Deutschland sind für 2023 insgesamt 2.227 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Konsum von illegalen Substanzen bekannt.

Drogenbeauftragter fordert mehr Prävention

Suchthilfe, Beratung und Drugchecking-Angebote müssten ausgebaut werden, sagte Blienert. Außerdem wichtig: "Wir müssen die Menschen, insbesondere auch junge Menschen, stark machen, auch nein zu sagen."

Für den Bericht wurde zwischen Oktober und Dezember 2024 rund 230 Expertinnen und Experten befragt, unter anderem aus dem Bereich der Suchthilfe und der Strafverfolgung. Außerdem wurden Gespräche mit 14 Opioid-Konsumenten geführt. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ. (dpa/bearbeitet von sbi)

Hilfe für Betroffene und Angehörige

  • Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen bietet ein Suchthilfeverzeichnis an, in dem Betroffene nach geeigneten Ansprechpartnern in ihrer Region suchen können. Telefonische Beratung für Betroffene und ihre Angehörigen gibt es zudem bei der Sucht & Drogen Hotline unter der Nummer 01806-313031. Eine weitere Anlaufstelle ist die Digitale Suchtberatung.
  • Das Verbundsprojekt "Hilfen im Netz" richtet sich an Kinder und Jugendliche aus sucht- und psychisch belasteten Familien.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.