Katzenbabys sind niedlich – vermehren sich die Miezen aber unkontrolliert, kann das schnell zum Problem werden. Ein einziger Katzenpaar kann der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" zufolge innerhalb von fünf Jahren über 12.000 Kinder, Enkel und Urenkel zeugen. Deshalb gibt es an immer mehr Orten in Deutschland eine Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen.
Sie bevölkern verwilderte Grundstücke, verlassene Fabrikgelände oder Friedhöfe – rund zwei Millionen Streunerkatzen leben in Deutschland, schätzen Tierschützer. Ihren Ursprung haben diese Katzenkolonien meist bei umkastrierten Hauskatzen mit Freigang – paart sich ein solcher Hauskater mit einer verwilderten Katze, beginnt die unkontrollierte Vermehrung der Tiere.
Denn auch die Nachkommen vermehren sich weiter. "Katzen sind mit wenigen Monaten geschlechtsreif und können bis zu drei Mal jährlich Junge bekommen", erklärt Veronika Weissenböck von "Vier Pfoten".
Und so werden die Straßenkatzen-Kolonien immer größer – und damit auch das Leid der Streuner. "Mit einer wachsenden Größe von Streunerkatzen-Kolonien steigt aber natürlich auch die Gefahr der Ausbreitung von Krankheiten, Parasiten und Seuchen. Auch Verletzungen durch vermehrte Revierkämpfe sind die Folge", so Weissenböck.
Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen soll helfen
Um die unkontrollierte Ausbreitung von Streunerkatzen einzudämmen, haben viele Gemeinden in Deutschland eine Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen eingeführt. Die rechtliche Grundlage dafür entweder das Ordnungsrecht oder Paragraf 13 des Tierschutzgesetzes.
"Während die Verordnungen nach dem Polizei- und Ordnungsrecht primär das Ziel verfolgen, die von großen Streunerkatzen-Populationen ausgehenden potentielle Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren, haben Katzenschutzverordnungen nach dem Tierschutzrecht den Schutz von Leben und Gesundheit der freilebenden Katzen als Ziel", erklären die Experten des Haustierregisters "Tasso".
Die Verordnungen schreiben vor, dass Katzen mit Freigang in den entsprechenden Gemeinden kastriert sein müssen. Häufig geht das mit einer Registrierungs- und/oder einer Kennzeichnungspflicht einher. So soll verhindert werden, dass Hauskatzen mit Streunern Nachwuchs zeugen – und die Straßenkatzen-Population stabilisiert werden.
Gesetze zur Kastrationspflicht
Seit 2013 können Bundesländer mit dem Paragrafen 13b des Tierschutzgesetzes selbst eine landesweite Verordnung erlassen oder dies über eine Zuständigkeitsverordnung den Landkreisen oder Kommunen überlassen. Aber auch über das kommunale Ordnungsrecht können Kommunen eine Kastrationspflicht für Freigängerkatzen erlassen.
Folgende Bundesländer haben mit einer Zuständigkeitsverordnung eine Regelung der Kastrationspflicht den Landkreisen oder Kommunen überlassen: Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Für Berlin gilt seit 2022 eine Katzenschutzverordnung auf Basis des Paragrafen 13b des Tierschutzgesetzes für das gesamte Stadtgebiet.
In welchen Bundesländern gilt die Kastrationspflicht?
Aber wo gilt diese Kastrationspflicht überhaupt? Zehn der 16 Bundesländer (Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) haben mit einer Landesverordnung ihren Kommunen die Möglichkeit geschaffen, Katzenschutzverordnungen nach Paragraf 13 des Tierschutzgesetzes zu erlassen.
In Berlin gilt seit 2022 eine Kastrations- und Registrierungspflicht im gesamten Stadtgebiet. Danach war Niedersachsen 2023 das erste Bundesland, das eine landesweite Kastrationspflicht für Freigängerkatzen beschlossen hat. Ab 2026 gilt auch in Hamburg eine neue Katzenschutzverordnung inklusive Kastrationspflicht. Auch Schleswig-Holstein plant landesweit einheitliche Regelungen. Dort hat der Landtag die Katzenschutzverordnung einstimmig verabschiedet. Sie muss aber noch erarbeitet und eingeführt werden.
Im Saarland gilt seit 2021 eine Katzenschutzverordnung. Sie besagt, in definierten Hotspots, in denen es größere Bestände freilebender Katzen gibt, eine Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht nach Vorankündigung in Kraft tritt. Derzeit gelten dem Deutschen Tierschutzbund zufolge die Mimbach, Webenheim, Blieskastel-Mitte der Stadt Blieskastel als Hotspot.
Das einzige Bundesland, in dem es bislang keine Katzenschutzverordnung gibt, ist Sachsen. Das Sozialministerium plädiert für eine bundesweite Lösung – die derzeitige Regel mit Paragraph 13b sei zu bürokratisch.
Mehr als 1.700 Gemeinden mit Kastrationspflicht
Flächendeckend eingeführt ist die Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen damit also noch nicht. "In über 1.700 Gemeinden und Städten in Deutschland gilt bereits eine Kastrationspflicht", erklärt der Deutsche Tierschutzbund und bietet eine Übersicht über entsprechende Orte mit Kastrationspflicht. Dort müssen Katzen, die unkontrollierten Freigang haben, kastriert werden – und in der Regel auch gechippt und registriert.

Allerdings: In Deutschland gibt es knapp 11.000 Gemeinden. Deswegen fordern Tierschützer eine flächendeckende Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen. Und erst schien es, als könnte die bundesweite Kastrationspflicht Wirklichkeit werden. Nachträglich schaffte es die Kastrationspflicht in den Entwurf zur Novellierung des Tierschutzgesetzes.
Doch mit dem Aus der Ampel-Regierung scheiterte auch die Verabschiedung des Entwurfs. Ob und wie die neue Bundesregierung das Thema angeht, bleibt abzuwarten. © Deine Tierwelt